Panikmache ist voll daneben

Messerstecherei am Alex

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Jetzt poppt sie wieder auf, die Angst vor der Gewalt rund um den Fernsehturm. „Der Alexanderplatz darf kein Angstraum werden“, warnt Innensenator Frank Henkel (CDU) höchstpersönlich – und erreicht allein schon durch die Verbindung dieser beiden Wörter in einem Satz genau das Gegenteil. Natürlich wird sofort auch der Ruf nach mehr Polizei laut. Bei SPD-Landeschef Jan Stöß überrascht das weniger. Aber selbst die eigentlich als entspannt geltenden Piraten schreien – in Person ihres Landeschefs Christopher Lauer – nach einem „ordentlichen Sicherheitskonzept“.

Angesichts dieser Debatte ist es kein Wunder, wenn sich die Berliner nicht mehr frei auf dem Platz zu bewegen trauen. Dabei ist Panikmache völlig unangebracht. Eine solche Messerstecherei hätte vor jedem beliebigen Club stattfinden können. Es kommt in Berlin immer wieder zu lebensgefährlichen Prügeleien oder Messerstechereien. Aber weil es den Fall Jonny K. gab, wird Gewalt am Alex eben sofort anders gelabelt.

Flanieren statt flüchten

Es gibt zum Glück relativ wenige Orte in Berlin, an denen man sich nachts besser nicht aufhält. Berlin ist, gerade was Mord und Totschlag angeht, keine gefährliche Stadt. Hier kommen auf 100.000 Einwohner lediglich 3,1 Fälle – in Frankfurt am Main, Halle und Mannheim wird deutlich häufiger getötet.

Den Alex in Zukunft zu meiden, wäre verrückt. Die Tat geschah an einem Sonntagnachmittag. Zu dieser Zeit kann man wunderbar durch Mitte spazieren gehen – und die Bewegungsfreiheit genießen, die Berlin so lebenswert macht.

Bericht SEITE 21