Mehr Härte im Jugendknast

SPD und CDU wollen in der kommenden Woche ein Gesetz zum Jugendstrafvollzug verabschieden, das ExpertInnen zufolge internationale Mindeststandards und die Vorgaben aus Karlsruhe verletzt

von Jan Zier

Namhafte RechtsexpertInnen üben heftige Kritik an dem geplanten Bremer Jugendstrafvollzugsgesetz, das heute im Rechtsausschuss der Bürgerschaft diskutiert wird. Gleichwohl hält die große Koalition an dem Vorhaben fest: Sie will das seit längerem diskutierte Gesetz kommende Woche im Landtag verabschieden und lobt es als „vernünftig“ und „fortschrittlich“.

Die Neuregelung war nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Jahr den Bundesländern aufgegeben hat, den Jugendstrafvollzug bis Ende dieses Jahres eigenständig zu regeln. Bremen hat seinen Entwurf gemeinsam mit acht weiteren Bundesländern verfasst.

Eine ganze Reihe von JuristInnen sowie die Bremer Grünen sehen indes nationale wir internationale Mindeststandards erheblich verletzt. So verstoße die im Bremer Entwurf vorgesehene Einzelhaft für Jugendliche gegen die Empfehlungen der UNO. „Es ist zu erwarten, dass das vom Antifolter-Komitee der Vereinten Nationen gerügt wird“, heißt es in einem Papier, das unter anderem vom Bremer Institut für Kriminalpolitik, dem Stravollzugsarchiv der Uni Bremen, dem Verein Bremische Straffälligenbetreuung, der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfe und der Vereinigung Niedersächsischer und Bremischer StrafverteidigerInnen unterzeichnet wurde. Die Einzelhaft für Jugendliche soll in Bremen ohne zeitliche Begrenzung möglich sein – und die Aufsichtsbehörde muss erst nach zwei Monaten verständigt werden.

SPD-Rechtspolitiker Wolfgang Grotheer verwies darauf, dass es bei der so genannten „unausgesetzten Absonderung“ nur um „extreme Einzelfälle“ gehe. Auch die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Sibylle Winther (CDU), verteidigte die geplante Regelung: „Wenn nötig“, dann müsse eben auch Einzelhaft angeordnet werden, sagte Winther. Gut zwei Drittel aller in Bremen-Oslebshausen inhaftieren Jugendlichen seien „hochauffällige Gewaltstraftäter“, sagt die CDU-Politikerin: „Die sind nicht einfach aus Versehen mal auf die schiefe Bahn geraten.“

Sowohl SPD als auch CDU wenden sich dagegen, dass Jugendliche regulär im offenen Vollzug untergebracht werden – also tagsüber arbeiten oder zur Schule gehen und nur nachts zum Schlafen in den Knast kommen. Die ExpertInnen indes definieren dies als „Mindeststandard“, Grotheer indes ist davon „nicht so angetan“, Winther ebenso. SPD wie CDU plädieren für ein Nebeneinander von geschlossenem und offenem Vollzug. Letzterer existiere in Bremen „faktisch nicht“, sagen die Fachleute. Dies sei nicht nur „unzweckmäßig“, sondern überdies „kostspielig“, weil personalintensiv. Auch der Umstand, dass der Entwurf keine eigenen Jugendstrafanstalten vorsehe, stößt auf Kritik: Damit falle Bremen hinter nationales Recht zurück.

Die Grünen wollen in den kommenden Tagen noch eine Reihe von Änderungen durchsetzen. So sollen die straffälligen Jugendlichen regelmäßig in Wohngruppen untergebracht werden, ein geschlossener Vollzug nur in klar definierten Ausnahmefällen stattfinden. Die Grünen berufen sich dabei auf die von den Karlsruher VerfassungsrichterInnen formulierten Mindestanforderungen. Doch SPD wie CDU winken ab – und sehen auch keinen weiteren Diskussionsbedarf: „Besser als wir kann man so ein Gesetz nicht vorbereiten“, sagt Grotheer.