Großreinemachen in den oberen Rängen der Armee

RUANDA Drei Festnahmen innerhalb einer Woche. Vorwurf: „Kriminelle Drohungen“ gegen den Staat

Erst vor vier Wochen hatte Präsident Kagame das Kabinett aufgelöst

KAMPALA taz | Mindestens drei hochrangige Armeeangehörige wurden in der vergangenen Woche in Ruanda festgenommen. Darunter am Samstag Oberst Tom Byabagamba, einst Kommandant der Präsidentengarde, die dafür zuständig ist, das Staatsoberhaupt zu schützen. Er war eben von seiner Stationierung in der Friedensmission in Südsudan nach Ruanda zurückkehrte und soll laut verschiedenen Quellen versucht haben, seine Frau aus der Polizeihaft herauszuholen. Auch Byabagambas Bruder soll jüngst festgenommen worden sein.

Byabagambas Frau wurde laut Quellen mit anderen Personen am Samstagabend aus einer Bar im Kneipenviertel Nyarutarama abgeführt – nur wenige Minuten, nachdem sie Kommentare über Präsident Paul Kagames Ehefrau Janet abgelassen hatte. Byabagamba werde jetzt im Zuge der Ermittlungen gegen die anderen Festgenommenen befragt, so Armeesprecher Joseph Nzabamwita gegenüber Ruandas Regierungszeitung The New Times.

Die Festnahme folgt einer Serie von Verhaftungen, die von Diplomaten und Menschenrechtlern argwöhnisch beäugt werden. Brigadegeneral Frank Rusagara wurde vergangene Woche festgenommen. Er wird beschuldigt, „kriminelle Drohungen gegen den Staat“ ausgesprochen zu haben, so Armeesprecher Nzabamwita. Der pensionierte Rusagara diente zuletzt als Verteidigungsattaché in Ruandas Botschaft in London. Davor war er der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Mitglied des Stabes sowie Kommandant der Offiziersschule Nyakinama.

Am vergangenen Mittwoch folgte die Festnahme von Hauptmann David Kabuye, Ehemann von Rose Kabuye, Präsident Paul Kagames Protokollchefin. Sie wurde 2008 in Frankfurt festgenommen, was zu Protesten in Ruandas Hauptstadt Kigali führte. Der pensionierte Hauptmann ist mittlerweile Geschäftsmann. „Sie sind beide in den Händen von Ermittlern“, kommentierte Armeesprecher Nzabamwita. Mehr Details nannte er nicht.

Die Verhaftungen sind ein weiterer Schritt einer besorgniserregenden Entwicklung in dem Land, das dieses Jahr des Völkermordes an über 800.000 Tutsi vor 20 Jahren gedenkt. Erst vor vier Wochen hatte Präsident Kagame das Kabinett aufgelöst und die Plätze in der politischen Arena umbesetzt.

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beschuldigte die Regierung in ihrem jüngsten Bericht „willkürlicher Verhaftungen“. In Ruandas Armee, die 1994 das Land erobert hatte, geht die Angst um. Aber nicht erst seit den jüngsten Verhaftungen. Was vermeintlich illoyalen Armeeangehörigen passiert, beobachten die Ruander im Schauprozess gegen Kagames Exleibwächter Joel Mutabazi. Er wurde des Staatsverrats und des Terrorismus angeklagt und steht seit Februar vor dem Militärgericht. Nächste Woche soll das Urteil fallen. Ihm wird vorgeworfen, sich mit Ruandas Staatsfeinden eingelassen zu haben: dem desertierten General Faustin Kayumba Nyamwasa, ehemaliger Stabschef der Armee. Mit Oppositionellen im Exil hat er den RNC (Ruandischen Nationalkongress) gegründet, eine Oppositionspartei im Exil in Südafrika.

Ruandas Oppositionelle im Ausland sind jüngst vermehrt Allianzen eingegangen. Auch die ruandische Hutu-Miliz im Kongo FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), Ruandas Staatsfeinde Nummer eins und ein Sammelbecken der Völkermörder, ist Mitglied dieser Koalitionen. Die Frage: Lauert der Feind tatsächlich innerhalb der hohen Ränge des Regimes oder frisst hier die Revolution ihre Kinder? SIMONE SCHLINDWEIN