piwik no script img

„Ich war voll auf Pille“

Spitzenpolitiker bekennen sich zum LSD – zu Ehren des inzwischen 101 Jahre alten LSD-Erfinders Albert Hofmann

Bei manchen Entscheidungen von Politikern vermuteten wir schon länger, dass hier nicht nur Dummheit im Spiel sein kann, so seltsam führen sich die Mitglieder der politischen Klasse zeitweise auf. Jetzt haben sich erstmals drei führende Polit-Kräfte aus unterschiedlichen Parteien zum LSD-Genuss bekannt. Um den mittlerweile 101 Jahre alten Entdecker des LSD, den großen Albert Hofmann, zu ehren, wie sie sagen.

Kurt Beck (58), Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz und SPD-Vorsitzender

„Es muss 1980 oder 81 gewesen sein. Ich war ein ziemlich grünes Jüngelchen und nahm so gut wie alles, was in unserem Juso-Ortsverband an ‚Trips‘ die Runde machte. Nur – ich verspürte nie irgendeine Wirkung. So auch beim LSD, obwohl ich es in Dosen zu mir nahm, die einen ganzen Bundesparteitag zum Fliegen gebracht hätten. Ein Neurologe erklärte mir später, worin meine Resistenz gegen die Droge gründet. Seitdem hoffe ich auf Fortschritte bei der Züchtung von Gehirnmasse aus Stammzellen und unterstütze die entsprechende Genforschung auch wegen der enormen Bedürfnisse meiner Wähler in Rheinhessen.“

Angela Merkel (52), Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende

„Dr. Hofmanns Elixier war selbst in der ehemaligen DDR nicht ganz unbekannt. Wenn ich mit Freunden von damals zusammensitze, albern wir gern über unsere Erfahrungen mit dem ‚Gedankenaufheller‘. Ja, so nannten wir es in der DDR: ‚Gedankenaufheller‘ – nur wer die ehemalige DDR am eigenen Leib erlebt hat, weiß, dass bereits diese humorvolle Bezeichnung eine Provokation war. Denn die Gedanken sollten dunkel sein, so finster wie das ehemalige Land selbst.

Es war zu einer sehr späten Stunde, als meine damaligen Freunde und ich erstmals mit Lysergsäurediethylamid experimentierten. Ich, die blutjunge Physikerin, hatte allerlei gehört über die fabelhafte Wirkung des Medikaments und war, wie es sich für eine Naturwissenschaftlerin gehört, sehr neugierig, was an diesen Geschichten ‚dran‘ war. Verabreicht wurde der ‚Gedankenaufheller‘ mittels Löschpapier. Es war in der ehemaligen DDR schwerer, an die Mangelware Löschpapier zu kommen als an LSD – ein weiterer Beleg für die dank der Wende endlich beseitigte Zwangsökonomie jener dunklen Jahre.

Ich kaute und lutschte mein ‚Ticket‘, wie ich mich gut erinnere, mit großem Widerwillen. Denn Löschpapier war in der ehemaligen DDR nicht nur selten, sondern es ließ sich problemlos auch zum Schmirgeln von Leichtmetallen verwenden. Darum hieß es bei den Bürgern ‚Breschnew-Lippe‘ – eine köstliche Anspielung auf die im ehemaligen Ostblock so beliebte Sitte des ‚Bruderkusses‘ von Diktator zu Diktator. Ich kann darüber immer noch stundenlang schmunzeln.

Während ich auf der ‚Breschnew-Lippe‘ herumbiss, änderte sich unvermittelt die Welt um mich herum. Die als Zeichen der Opposition zum Regime der ehemaligen DDR knielang getragenen Vollbärte meiner Freunde wucherten rasend schnell aus. Binnen Sekunden umschlossen sie mich wie eine dichte Hecke – und schon sah ich eine Vielzahl roter Rosenknospen aufsprießen. Sie öffneten ihre irisierenden Kelche und ein berauschender Duft stieg mir in die Nase. Wie Sie zweifellos wissen, waren Rosen wie auch Rosenduft in der ehemaligen DDR streng rationiert und allein in den Intershops erhältlich – deshalb nannte man sie auch ‚D-Mark-Blüten‘. Es zerreißt mich selbst 17 Jahre nach dem Untergang des ehemaligen SED-Terrorstaats schier vor Heiterkeit: ‚D-Mark-Blüten‘!

Umhüllt von Rosenbüschen und ihrem herrlichen Duft, fiel ich in tiefen, tiefen Schlaf. Es war unser Altbundeskanzler Dr. Helmut Kohl, der Jahre später auf einem prächtigen Schimmel herbeiritt, das Schwert zog, um sich kühn durchs dornige Gestrüpp zu hauen, und mich mit einem Kuss auf die Stirn in die Welt zurückholte. Der Rest ist Geschichte – oder, wie man in den neuen Ländern, wo trotz aller Schwierigkeiten der Humor weiterhin ein hohes Gut ist, zu sagen pflegt: ‚alter Kohl‘. Es mag sich in meiner verantwortungsvollen Position nicht schicken, aber bei diesem Scherzwort könnte ich mich vor Lachen übergeben.“

Edmund Stoiber (65), Ministerpräsident des Freistaats Bayern und CSU-Vorsitzender

„Ich sage Ihnen das ganz offen: Ich war gern und voll auf Pille. Denn ich bin – wie übrigens auch meine Gattin Karin – ein überzeugter Anhänger des erweiterten Bewusstseins. Gerade wir hier in Bayern, in unserem geliebten Freistaat, haben dem verehrten Dr. Hofmann unendlich viel zu verdanken: die Alpen, den blauen Himmel, die grünen Wälder, das gute Bier und die Leberkässemmel. Ohne LSD sähe es hier aus wie in der Uckermark!“

AUFGEZEICHNET VON KAY SOKOLOWSKY

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen