die taz vor zehn jahren über die ressentiments der cdu gegen die wehrmachtsausstellung
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Peter Gauweilers neue Mitstreiterin, die zur Überzeugungstäterin mutierte Opportunistin Erika Steinbach, hat schon die deutschnationalen Aktionen zum 50. Jahrestag der Kapitulation mitgetragen. Steinbach hat sich damit als Leitfossil einer rechten CDU für die Zeit nach Kohl etabliert. Während Gauweiler in München die Straße mobilisiert, Steinbach in Frankfurt Stimmung macht, äußert sich Landowsky in Berlin rassistisch gegen Migranten aus Osteuropa und Asien. Auch die sogenannte liberale Mitte der CDU gerät ins Wanken – beispielhaft in Frankfurt, wo der langjährige Vorzeigeurbanist Wallmann die Wehrmachtsausstellung benutzt, um sich als das zu profilieren, was er im Tiefsten seines Herzens immer war: als Nationalist. Indem Wallmann die Meinung Dreggers, die Ausstellung verdiene nur Verachtung, aber keine Protestkundgebung, gegen die übereifrige Steinbach wendet, bekräftigte er in der Sache nur deren Position. Das mag den FDP-Politiker Ignatz Bubis, der gemeinsam mit seinem Freund Wallmann in den Wahlkampf zog, erstaunen – wirklich überraschend ist das keineswegs.

Denn das strategische Problem der CDU als einer Großstadtpartei mit liberalem Anstrich war stets einen von oben verfügten Philosemitismus einer zu Teilen xenophoben, antisemitischen Basis plausibel zu machen. Dies konnte unter Abspaltung des Antisemitismus von der Fremdenfeindlichkeit so lange gut gehen, als sich die Lebenslüge des deutschen Nachkriegskonservatismus, daß eine kleine Minderheit fanatischer Nazis für den Holocaust verantwortlich war, aufrecht erhalten ließ. Indem die Ausstellung öffentlich beglaubigt, was die Forschung längst herausgefunden hat, zerplatzt ein ideologisches Konstrukt, mit dem sich antisemitische, deutschnationale Stimmungen an der Basis und philosemitische Äußerungen der Führung vereinbaren ließen: der Glaube an eine Armee, die nur die Heimat schützen wollte.

Micha Brumlik, taz 14. 3. 1997