Kurze Schlacht am kalten Buffet

ATOMENERGIE Bei der Eröffnung einer RWE-Geschäftsstelle in Bremen protestierten AtomkraftgegnerInnen lautstark und entrollten ein meterlanges Anti-Atom-Transparent vom Dach des Geschäftshauses

Mit Sambarhythmen, Pfiffen und Transparenten überraschten gestern etwa 20 AtomkraftgegnerInnen des „Klimaplenums Bremen“ die Gäste der Eröffnungsfeier einer neuen RWE-Geschäftsstelle in der Überseestadt. Gegen 18 Uhr hatten sie sich auf den Weg gemacht, um vor den lokalen VertreterInnen des Energiekonzerns an ihre Forderung nach einer Energiewende zu erinnern.

Einige Würstchen und Steaks auf dem Grill sind wohl kalt geworden, die Salate und Häppchen auf dem Buffet jedoch konnten die beiden Showkochs vor den DemonstrantInnen sichern. Während sich viele der festlich gekleideten Geschäftskunden in das RWE-Büro zurückzogen, lauschten einige draußen an den aufgebauten Stehtischen der rosa-bunten Sambagruppe und hörten, was ein Aktivist Ihnen durchs Megafon vorwarf: Dass RWE zwar aus „Publicitygründen“ Ökostrom produziere, sich aber „niemals kampflos aus der billigen Stromproduktion längst abgeschriebener Atomanlagen“ verabschiede. Auf Verstrahlung, auf Unbewohnbarmachung und Zerstörung der Lebensgrundlage auf lange Zeit könne es kein Recht geben, sagte er in Bezug auf die Klage von RWE gegen die Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis A.

Nach Hamburg und Hannover eröffnete RWE in Bremen nun die dritte Niederlassung im Norden. Diese richte sich vor allem an Geschäftskunden, sagte ein Firmensprecher. Mit Protest habe man nicht unbedingt gerechnet, „dies ist aber im Zuge der aktuellen Diskussion immer möglich“. Eine zeitliche Verschiebung der Eröffnung habe man zu keinem Zeitpunkt erwogen. Grundsätzliche Überlegungen zur Zukunft der Kernenergie hätten nichts mit der lokalen Versorgungssituation zu tun. „Jeder Privatkunde benötigt Strom“, so der Sprecher. Mit dem Protest gehe man gelassen um und sei zuversichtlich, dass dies auch die anwesenden „gestandenen Mittelständler“ nicht umwerfe.

Die Sambastücke kamen auch bei den offiziellen Gästen gut an, einige wippten im Rhythmus mit. „Das sei fast Fanatismus“, kommentierte einer von ihnen den derzeitigen Atomprotest. Gegen freie Meinungsäußerung habe er nichts, solange es friedlich bleibe. Für die Protest-Aufkleber, die AktivistInnen überall an den Scheiben hinterließen, hatte er kein Verständnis.

Der Firmensprecher betonte: „Wichtig ist der Schutz des Eigentums.“ Von den Eröffnungsgästen fast unbemerkt entrollten einige der AktivistInnen ein meterlanges Transparent vom Dach des Geschäftshauses mit der Aufschrift: „RWE enteignen, Energiewirtschaft vergesellschaften.“ Vor solchen Forderungen sind Anti-Atom-Aufkleber wohl ein Problem, die der Konzern wissen wird zu bewältigen. JPB