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POLIZEIEINSATZMit Maschinenpistole

Sie stürmen ins nächste Haus. Wieder nichts

Zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei mit Blaulicht quietschen ein bisschen mit den Reifen und kommen vor meinem Haus zum Stehen. Ich öffne das Fenster und überlege mir, ob ich ein Kissen auf die Fensterbank legen soll, um es bequemer zu haben, aber das erinnert mich an Otto ein paar Häuser weiter, der das den ganzen Tag macht, meistens im Unterhemd. Aber in diesem zwingend vorgeschriebenen Outfit ist mir das entschieden zu kalt.

Die beiden Einsatzfahrzeuge sind jeweils mit einer Frau mit einem ebenfalls vorgeschriebenen Pferdeschwanz und einem Mann ohne Pferdeschwanz ausgestattet. Sie springen heraus, und für einen Augenblick habe ich die Vision, sie würden mir Fup bringen, weil er aus dem Kinderladen abgehauen ist oder irgendwas angestellt hat, aber das ist natürlich Quatsch, denn auch wenn Fup bereits aus einer Kita geflogen ist, er ist ja erst 18 Monate.

Die beiden Einsatzkräfte machen sich fünf Minuten lang an der Rücksitzbank zu schaffen. Zum Vorschein kommt eine MP. Das letzte Mal, als ich diese kleinen handlichen Dinger sah, waren sie auf mich gerichtet, aber da hatte ich noch eine Karriere als Staatsfeind vor mir, aus der dann aber nichts wurde.

Sie stürmen ins Nachbarhaus. Ich bin schon fest davon überzeugt, dass sie den letzten Querulanten abholen, der immer mit Mundschutz, einem kleinen Stecken, Anorak und Plastiktüte herumläuft und der in den gentrifizierten Bezirk passt wie ein Raucher auf dem raucherfreien Spielplatz. Aber nach kurzer Zeit kommen die Einsatzkräfte wieder herausgestürmt, ohne irgendjemand. Sie stürmen ins nächste Haus. Wieder nichts. Die MPs werden unter der Rückbank verstaut. Kinder kommen vom raucherfreien Spielplatz und fragen, ob die Einsatzkräfte Soldaten seien, weil sie ein Gewehr haben. Zur Belohnung dürfen sie das Blaulicht einschalten.

KLAUS BITTERMANN

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