Parteien wählen Kandidaten

WAHL 2011 Linkspartei, Grüne und FDP stellen ihre Listen auf

So viel Vorwahlkampf kompakt gab es selten: Gleich drei der fünf Parteien im Abgeordnetenhaus bringen sich an diesem Wochenende für den 18. September in Stellung und wählen Spitzenkandidaten. Damit aber enden die Gemeinsamkeiten: Denn während es bei den Grünen darum geht, trotz jüngster Umfrageerfolge nicht zu euphorisch zu werden, dürfte der FDP-Parteitag einem Motivationstraining gleichkommen, um das drohende Ausscheiden zu verhindern. Bei der Linkspartei wiederum ist die spannende Frage, wie die Partei auf die Kritik durch den Koalitionspartner SPD reagiert.

Bei den Grünen, die wie die Linkspartei ihr Wahlprogramm schon im März beschlossen haben, soll Spitzenkandidatin Renate Künast auch auf die Landesliste für das Abgeordnetenhaus gesetzt werden. Daran war bereits leise Kritik zu hören, denn nach gängigem Verständnis erfordert das die Bereitschaft, einen gewonnenen Parlamentssitz auch anzunehmen. Künast hat aber klargemacht, dass sie nur als Regierende Bürgermeisterin in die Landespolitik zurückkehren, ansonsten aber Fraktionschefin im Bund bleiben will. In der Grünen-Zentrale weist man Kritik zurück: Künast spiele doch mit offenen Karten.

In jedem Fall profitieren die Grünen davon, dass bei ihnen – anders als bei SPD, CDU und FDP – nicht jeder Kreisverband Listen beschließt, deren führende Namen nur auf dem Stimmzettel des jeweiligen Bezirks zu sehen sind. Wer nicht in Charlottenburg-Wilmersdorf oder Mitte wählt, wird in der Wahlkabine vergeblich nach den Namen von Klaus Wowereit und Frank Henkel suchen. Dank der grünen Landesliste wird Künasts Name in jedem Wahllokal auf dem Zweitstimmenzettel zu lesen sein. Das gilt als großer Vorteil.

Wolf muss reagieren

Auch die Linkspartei will ihre Landesliste wählen und wie schon bei der Wahl 2006 Wirtschaftssenator Harald Wolf zum Spitzenkandidaten küren. Von ihm werden die Parteimitglieder am heutigen Samstag eine Reaktion auf jüngste Anwürfe durch Klaus Wowereit erwarten. Der Regierende Bürgermeister hatte der Linkspartei „wirtschaftliche Inkompetenz“ vorgeworfen, weil sie ein ausgeweitetes Nachtflugverbot von 23 bis 6 statt von 0 bis 5 Uhr fordert. Diese Haltung ist für Wowereit umso verwerflicher, als die Linkspartei den Wirtschaftssenator stellt: „Der müsste es besser wissen.“

Bei der FDP, die schon am Freitagabend den Landespartei- und Fraktionschef Christoph Meyer zur Nummer eins für die Wahl machen wollte, geht es auch um das Wahlprogramm. „Die richtigen Antworten“ ist es überschrieben, sein roter Faden die Forderung nach mehr Freiheit und Eigenverantwortung. „Wir sind die einzige politische Kraft, die die Freiheit des Einzelnen in allen Lebensbereichen zum entscheidenden gesellschaftlichen Gestaltungsprinzip macht“, werben die Liberalen für sich. Daran glauben der jüngsten Umfrage zufolge derzeit aber nur 3 Prozent der Berliner Wähler.

STEFAN ALBERTI