Gewaltiger Geldsegen

SAISONSTART I Dank eines Ligasponsors haben die Frauenfußball-Erstligisten in dieser Spielzeit ein viel größeres Budget. Das soll für einen Professionalisierungsschub sorgen

AUS FRANKFURT AM MAIN FRANK HELLMANN

Kim Kulig stand zunächst ein bisschen gedankenverloren in dem rot getünchten Türrahmen des gedämpft beleuchteten Sepp-Herberger-Raumes der Verbandszentrale. Sie, die seit drei Jahren fast ununterbrochen verletzte und mehrfach operierte Nationalspielerin, lauschte den Ausführungen von Wolfgang Niersbach zum Start der Frauen-Bundesliga, als der DFB-Präsident unvermittelt auf die 24-Jährige überleitete. „Wir wünschen uns alle, dass du zurückkommst.“ Kuligs Wangen röteten sich, nun, da sie so plötzlich im Mittelpunkt stand. Fortschritte konnte sie zuletzt zumindest verzeichnen. „Irgendwann sollte Fußballtraining machbar sein“, sagte Kulig vorsichtig optimistisch. „Mein Knie macht jedenfalls keine Beschwerden mehr. Ich sehe Licht am Ende des Tunnels.“

Am Samstag eröffnet der Titelverteidiger VfL Wolfsburg gegen den SC Freiburg (Eurosport, 13 Uhr) die neue Spielzeit, und Kuligs Klub, der 1. FFC Frankfurt, wird am Sonntag das gewiss viel beachtete Spitzenspiel beim FC Bayern bestreiten. Die Bundestrainerin Silvia Neid hat ihren Besuch angekündigt. Derweil wirken die verbandsseitigen Anstrengungen beinahe so, als gelte es, ganze Scheinwerferkolonnen auf die Frauen-Bundesliga zu richten. Über einen 5-Jahres-Vertrag mit der Allianz sind – einmalig für den DFB – die Namensrechte veräußert. Der laut Niersbach „beachtliche siebenstellige Betrag“ vom frauenaffinen Versicherungskonzern führt dazu, dass jeder der ein Dutzend Klubs nicht nur mit 180.000 Euro Fernsehgeld, sondern mit weiteren 100.000 Euro Sponsorenerlös planen darf. Siegfried Dietrich, der als Manager und Investor beim 1. FFC Frankfurt einen Basisetat von 1,8 Millionen Euro verwaltet, spricht von „einem Quantensprung“.

„Gesunde Entwicklung“

Wie die DFB-Frauenfußball-Abteilungsleiterin Heike Ullrich vorrechnen kann, wird derzeit vorrangig in Personal oder Infrastruktur investiert, um den Professionalisierungsgrad zu erhöhen. Noch liegt das durchschnittliche Budget bei rund einer Million Euro, wovon die Hälfte an die teils noch semiprofessionellen Spielerinnen geht. Weil der DFB schon in der nächsten Saison ein wirtschaftliches Lizenzierungsverfahren einführt, für das jetzt als Probelauf bereits alle Zahlen einzureichen waren, kann Heike Ullrich sagen: „Wir beobachten eine gesunde Entwicklung.“ Dies ist anders als bei den Männern, wo solche Mehreinnahmen umgehend an Spieler und Berater umgeleitet werden. „Und bei uns wird es nicht passieren, dass ein Verein zweimal mit Riesenvorsprung Meister wird“, versicherte die ehemalige Nationalspielerin Inka Grings, die vom MSV Duisburg als Trainerin unter Vertrag genommen wurde.

Die von ihr angesprochenen Männer des FC Bayern haben insofern dem Fortschritt der Frauen Rechnung getragen, als dass bei der Teampräsentation in der Arena in Fröttmaning auch die FCB-Fußballerinnen eingebunden waren. Als „kleinen, aber wichtigen Schritt“ stuft das Bayern-Trainer Thomas Wörle ein, der trotz eines gewaltigen Umbruchs glaubt, den Abstand zum Spitzentrio VfL Wolfsburg, 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam noch weiter verkürzen zu können.

Mäßiges Interesse

Die Zeiten, als der Rest der Liga gegen die Topteams teils peinliche Klatschen kassierte, sind vorbei. „Dass der eine Verein zwanzigmal trainiert, der andere dreimal – das gibt’s nicht mehr“, sagt Wörle, der die Einschätzung teilt, „dass wir die stärkste Frauen-Liga der Welt haben.“

Die Akzeptanz – im Vergleich zur amerikanischen Profiliga NWSL – ist hierzulande jedoch noch ausbaufähig. Der Schnitt von 1.185 Besuchern aus der vergangenen Saison stellte zwar einen Rekord für die vor 25 Jahren eingeführte Bundesliga dar, und auch die durchschnittliche Einschaltquote von 140.000 Interessierten, die sich samstags jeweils zur Mittagszeit bei Eurosport ein ausgewähltes Livespiel anschauten, sind passabel, aber es gibt immer noch einige Luft nach oben. Gleichwohl betont Thomas Röttgermann, Geschäftsführer des zweimaligen Champions-League-Siegers und Meisters VfL Wolfsburg, stets gern: „Der Gegenwert an Werbung, den wir im Frauenfußball erhalten, übersteigt unsere Investitionen bei weitem.“