Notleidene Künste

Peter Rautmann, scheidender Rektor der Hochschule für Künste, über mehr als 20 verlorene Professuren, seinen Nachfolger und die Frage, warum KünstlerInnen keinen Bachelor machen

Peter Rautmann, 64, wurde 1979 in Bremen Professor für Kunstwissenschaft und ist seit 2002 Rektor der Hochschule für Künste.

Interview: Jan Zier

taz: Herr Rautmann, ist die Hochschule für Künste der Gewinner der Debatte um die zukünftige Finanzierung der bremischen Hochschulen?

Peter Rautmann, Rektor: Nein, ganz und gar nicht.

Aber Ihr Etat bleibt bis 2010 konstant, die Uni hingegen muss weiter einsparen.

Ich ärgere mich schon die ganze Zeit darüber, dass in der Stadt dieser Eindruck entsteht – obwohl wir genau so notleidend sind wie die anderen Hochschulen hier. Bei einer kleinen Institution wie der unseren ist jede Kürzung sehr viel prekärer. 2005 waren uns noch 84 Professuren zugesagt, davon waren aber nur 90 Prozent ausfinanziert. Schließlich hatten wir noch 72 Stellen. Die waren vom Bildungsressort als Mindestausstattung attestiert. Inzwischen haben wir für 2010 nur noch 63 Stellen. Ohne dass ich einen Gegensatz aufbauen will: Wenn an einem Dampfer wie der Uni einige Bereiche prekär sind, dann bleibt der Dampfer noch erhalten. Bei uns ist die Frage: Wie können wir unsere Profilbildung erhalten?

Bei der Uni wird oft dort gespart, wo gerade ein Professor emeritiert wird.

Wir sind die einzige Hochschule, die in hohem Maße befristete Stellen hat. An der Uni ist die Lebenszeit-Professur der Regelfall. Bei uns hat es Bereiche getroffen, die gerade im Aufbau begriffen waren oder sind.

Wo wird konkret gestrichen?

Wir werden keine Studiengänge oder Fachbereiche schließen. Sonst hätten wir unser Selbstverständnis einer möglichst umfassenden Hochschule für Künste aufgegeben. Aber es fällt zum Beispiel eine Malereiprofessur weg, bei Kunst und Design geht in allen Bereichen etwas verloren, wir können eine Stelle für „Bewegtes Bild“ sowie die Gitarrenstelle nicht besetzen, und beim Jazz wird auch ausgedünnt.

Kann man das mit Stiftungsprofessuren ausgleichen?

Wir versuchen es. Aber an einer Kunsthochschule ist das viel schwieriger als anderswo, Geldgeber zu finden. Ähnlich ist es bei den Drittmitteln.

2008 stellen Sie auf die kürzeren Bachelor- und Master-Studiengänge um. Ist das nicht problematisch?

Wir werden das beispielsweise im Designbereich machen, aber in den freien Künsten beim Diplom bleiben. Ein Künstler kann nicht in drei Jahren ausgebildet werden. In Hamburg hat der Senator gegen den expliziten Widerstand der Hochschule das kürzere Studium auch bei den freien Künsten durchgesetzt.

Was wird sich mit dem Bachelor und Master ändern?

Im Musikbereich werden wir einen Bachelor-Studiengang als Grundlage haben, danach kommt die Ausdifferenzierung. Im Design ist es genauso. Hinter die Idee, dass die Studiendauer sich verkürzt, will ich aber doch mal ein Fragezeichen machen.

Sie selbst werden demnächst emeritiert. Gibt es schon einen Kandidaten für Ihre Nachfolge?

23 Frauen und Männer aus dem In- und Ausland haben sich auf die Ausschreibung beworben, fünf kamen in die engere Wahl, darunter eine Frau. Jetzt sind zwei vorgeschlagen worden, Manfred Cordes aus dem Fachbereich Musik und ein Kollege aus Berlin. Noch im März wird der Akademische Senat wählen.