urdrüs wahre kolumne
: Carstensen lieb, Neumann mies

ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, legt beim Zug durch die Gemeinde Wert auf saubere Bierleitungen.

Schlimm genug, dass wir hinnehmen müssen, dass uns gelegentlich traurige Würstchen und sprechmotorische Gierhälse aus Callcentern noch während „Soko Wismar“ mit verlogenen Modellen zur Altersvorsorge belästigen oder uns ein Abo von Focus oder Cicero ins Rückenmark schieben wollen – in Hamburg wurde aus diesem methodischen Unfug jetzt gar ein Ausbildungsberuf „Servicekraft für Dialogmarketing“ entwickelt, obwohl es da weder um Service noch um Dialog geht, sondern nur um Überrumpelung. Wer sowas erwägt, sollte dann doch sehr viel lieber Kaltmamsell, Junger Mann zum Mitreisen, Treuetesterin oder gar Mitarbeiter des Monats bei McDonald’s werden.

Irgendwie rührend, dieses dpa-Bild, das den niedersächsischen Minister für Gedöns und Umwelt, den Liberalinski Hans-Heinrich Sander, mit Kettensäge im Anschlag zeigt. In einer Zeit, wo andere sich und uns was von Nachhaltigkeit zusammenfaseln, bekennt sich diese ehrliche Haut mit gewinnendem Profi-Baumarkt-Lächeln zum Kahlschlag. Der Kerl muss gefördert werden – von der Gesellschaft für systemische Feindbildpflege!

Mit Fug und Recht sehen die evangelischen Kirchen in Niedersachsen die Sonntagsheiligung durch das neue Ladenschlussgesetz ausgehöhlt. Aber darf man da mit wackelndem Kopf von bedenklichen Entwicklungen quatschen und vor der „totalen Ökonomisierung des Lebens“ nur warnen? Des Vaters Sohn indes trieb die Pfeffersäcke und Koofmichs aus dem Tempel – und so erwarten wir zumindest Lichterketten unter den Sprinkleranlagen der Kaufhäuser, um die Sintflut herbeizuführen, die allein die organisierte Ladenschwengelei wegspülen kann.

Von allen Fürsten und Sonnenkönigen in den Ländern des Nordens scheint mir der schleswig-holsteinische Womanizer Peter Harry Carstensen der Einzige zu sein, mit dem man mal so’n richtigen Zug durch die Gemeinde machen kann. Wie der 60-jährige Witwer jetzt öffentlich vor 600 Gästen vom Schlage Merkel seiner neuen Freundin gestand: „Danke, liebe Sandra, dass es mir privat so toll geht“, das erinnert doch sehr an diese netten Jungs, die im Kino bei der Sondervorstellung von „Notting Hill“ im Werbeblock das Lichtbild schalten: „Willst du mit mir geh’n?“ Bei Peter Harry und Sandra käme ich glatt zum Blumenstreuen vor der Halligkirche vorbei, nachdem ich zuvor im Watt ein Herz aus Muscheln ausgelegt habe! Und die beim Flughafen beschäftigte Sandra schlage ich für die heutige Wahl der 25. Hamburger Kirschblütenkönigin vor.

Bernd E. Neumann – Staatsminister für Kultur und Bücherbrennung, zynischer Zuchtmeister der Bremer Parteifreunde seit Menschengedenken. Ausgerechnet der soll in dieser Woche seinem Zögling Thomas Röwekamp das Vertrauen für den Job des Polizeisenators mit den Worten erklärt haben: „Lass Dich nicht verunsichern von diesem Typen Kurnaz.“ Nach dieser Giftferkelei wollen wir doch mal jeden anständigen Gastwirt bitten, diesem moralfreien Klotz der Unbelehrbarkeit allenfalls Holsten-Pils auszuschenken und das bitte aus der seit Wochen nicht gereinigten Leitung!

Allen Guten im Lande aber wünscht ein beschwingtes Wochende ULRICH „Bahnfahrer“ REINEKING