Berlin retten jetzt ganz einfach

Wie macht die Hauptstadt mehr aus sich? Auf der „Berlin-Konferenz“ geben Experten mitunter simple Antworten

Berlins Probleme sind gar nicht so kompliziert – und ihre Lösungen ebenso wenig. Sie passen in wenige einfache Sätze. Davon gab es etliche auf der gestrigen „Berlin-Konferenz“ der Oppositionsparteien. CDU, Grüne und FDP hatten Wissenschaftler, Verbandsvertreter und Publizisten um Antworten auf die Frage gebeten: Was braucht Berlin, um aus seiner Finanz- und Wirtschaftskrise herauszukommen?

Den Anfang machte Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus. Aus dem zweitreichsten Bundesland hatte der CDU-Politiker die Erkenntnis mitgebracht, dass der Wowereit-Slogan „Arm, aber sexy“ nicht ausreicht. „Es muss sein, dass man aus seinem Sexysein wirtschaftlich etwas macht.“ Berlin müsse seine größten Ressourcen bewusst ausschöpfen: das Wissen der klugen Köpfe an den drei Unis und diversen Forschungsinstituten. Rot-Rot tut laut Stratthaus zu wenig, um Berlin zur „Hauptstadt der regenerativen Energien“ zu machen. Vorbild ist ihm Stuttgarts Umbau von einer Handwerkerstadt zum Zentrum deutscher IT-Technologie.

Aber wie soll das funktionieren? Die Antwort darauf gab Jobst Fiedler von der Hertie School of Governance: „Man kann ein Auto nicht von innen anschieben.“ Anders ausgedrückt: Berlins Politik und Verwaltungen brauchen Sachverstand junger und externer Fachleute. Doch die hätten aufgrund des Einstellungsstopps im öffentlichen Dienst keine Chance. Die Beharrungskräfte in der Subventionshauptstadt seien noch immer stärker. Die Lösung liegt aus Fiedlers Sicht im Umbau des Länderfinanzausgleichs, von dem Berlin mit insgesamt mehr als 5 Milliarden Euro jährlich am stärksten profitiert. Mehr Leistungsanreize müssten her.

Doch bis es so weit ist, können Jahrzehnte vergehen. Bis dahin, plädierte FU-Präsident Dieter Lenzen, müsse Berlin etwas noch Drängenderes tun: die Teilung seiner Bevölkerung in Gewinner und Verlierer verhindern. Denn: „Diese Stadt ist permanent von Verwahrlosung bedroht.“ Gezielte Nachwuchsförderung in Kitas, Schulen und Unis sei demnach nicht nur gut für die Kinder, sondern für den sozialen Frieden der Stadt.

Etwas positiver formulierte diesen Umstand Ralf Fücks von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung: „Die Werner Heisenbergs in Kreuzberg finden“, also junge Talente nicht nur in die Stadt locken, sondern sie auch hier aufziehen und fördern – das sei eine der größten Chancen des industriearmen Berlin.

Das Fazit nach sieben Stunden Debatte: Ja und Nein zu Studiengebühren. Mehr Autonomie für Schulen und Unis. Weniger Verwaltung und mehr Bürgerengagement. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann übte sich angesichts all der Vorschläge in Demut: „Ich bin da bescheiden. Ein, zwei Projekte“ müssten nach dieser Konferenz entstehen. Dann wäre er schon froh.

MATTHIAS LOHRE