„Der Triumph ruft uns“

BASKETBALL-WM Gastgeber Spanien will endlich die USA vom Thron stoßen. Letztmals gelang das dem seit Jahren zusammenspielenden Team bei der Junioren-WM 1999

„Wir sind die beste Mannschaft der Welt“

SPANIENS SELBSTBEWUSSTER NATIONALCOACH JUAN ANTONIO ORENGA

AUS BARCELONA FLORIAN HAUPT

Zur Generalprobe gab sich sogar Felipe VI. die Ehre. Nicht in irgendeiner Loge, Seine Majestät saß beim WM-Test der spanischen Basketballer gegen Argentinien in der ersten Reihe. „Mit einem König an der Bande habe ich noch nie gespielt“, staunte Serge Ibaka, der als NBA-Profi dort eher Jack Nicholson gewohnt ist. Aber es ging ja auch um ein besonderes Signal im ausverkauften Palacio de los Deportes von Madrid, wo in gut zwei Wochen das WM-Finale ausgespielt wird. Darum, zu demonstrieren, dass wirklich das ganze Land hinter der selección steht. Von oben herab.

Basketball ist in Spanien seit jeher die zweite Sportart nach Fußball, aber der Hype um das am Samstag beginnende Weltturnier sprengt alle gewohnten Standards. Die Mannschaft, seit Jahren fast unverändert, ist sehr beliebt im Land, sie gilt als so etwas wie ein zugänglicherer, kleiner Bruder der Fußballer, obwohl in ihr auch Weltstars wie die Gasol-Brüder Pau und Marc aus der NBA stehen. Als „ÑBA“, mit dem spanischsten aller Buchstaben, feiert Marca, das publizistische Zentralorgan für Sportpatriotismus aller Couleur, seit Jahren die Helden unter dem Korb. Nun sollen sie nicht nur nach der blamabel verlaufenen Fußball-WM den Glanz der Marke Spanien restaurieren, sondern auch einen Kreis schließen, ihr Lebenswerk vollenden – und bei quasi letzter Gelegenheit die Basketball-Supermacht Amerika vom Thron zu stoßen.

1999 besiegte ein Team um Center Pau Gasol und Forward Juan Carlos Navarro die USA im Finale der Junioren-WM. Die Karrieren der befreundeten Ausnahmetalente verliefen danach denkbar unterschiedlich: Gasol reifte zum NBA-Allstar und gewann mit den Los Angeles Lakers zwei Titel, Navarro blieb bis auf einen Kurzausflug beim FC Barcelona und brach etliche Rekorde des europäischen Basketballs. Nur im Nationalteam gingen die zwei Katalanen den Weg weiter gemeinsam, sie avancierten zu den Protagonisten einer imposanten Ära. Seit der Jahrtausendwende erreichte Spanien zweimal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze bei Europameisterschaften, jeweils Silber bei den letzten beiden Olympischen Spielen und den WM-Titel 2006.

Sieben von zwölf Spielern waren damals schon dabei, der aktuelle Kader hat bereits 63 Medaillen bei großen Turnieren gewonnen, also im Schnitt mehr als fünf pro Akteur. „Wir sind die beste Mannschaft der Welt, weil wir schon am längsten zusammen sind“, findet Nationaltrainer Juan Antonio Orenga. Ein Makel jedoch blieb, die USA konnten in einem wichtigen Spiel nie geschlagen werden. 2006 übernahmen die Griechen ihre Eliminierung, bei Olympia 2008 und 2012 behielt Amerika jeweils knapp die Oberhand, zuletzt in London mit sieben Punkten.

„Wir sind die Gastgeber eines Traums, der Triumph ruft uns“, lautete im Juli der Slogan, als Spaniens Team vorgestellt wurde. Seitdem wird das Publikum mit Argumenten überschüttet, warum es diesmal nur einen Sieger geben kann. Das Wichtigste neben Heimvorteil und Teamspirit: die Amerikaner reisen ersatzgeschwächt an. LeBron James, Kobe Bryant, Carmelo Anthony, Chris Paul – keiner ließ sich für die Verteidigung des 2010 in der Türkei gewonnen Titels gewinnen, zuletzt sagte auch noch Kevin Durant ab. Nur zwei Spieler von London 2012, Anthony Davis und James Harden, stehen auch diesmal wieder im Kader von „Coach K“, Mike Krzyzewski. Spanien hingegen spielt in Bestbesetzung und hat sich generalstabsmäßig vorbereitet. Seit über einem Monat ist die Mannschaft beieinander, acht Testspiele wurden bestritten, allesamt erfolgreich.

„Ich habe großen Respekt für die USA, aber für mich ist Spanien der absolute Favorit“, sagt Sascha Djordjevic, der Trainer der Serben. Praktischerweise will es der Spielplan, der vier Sechsergruppen und danach ein Achtelfinale vorsieht, dass beide Teams erst im Endspiel aufeinander stoßen können. Doch während in der Fachwelt akribisch Zone für Zone verglichen wird, während Krzyzewski bei der Nominierung besonders auf Zentimeter geachtet hat, um den Gasols unter dem Korb auf Augenhöhe zu begegnen, bat Ibaka die Presse inständig, nicht schon wieder über die USA sprechen zu müssen: „Ich habe genug davon, es gibt auch noch andere Mannschaften.“ Vor leeren Rängen werden auch sie nicht spielen. Dafür ist Basketball in Spanien zu groß.