IN DER BUNDESWEHR MÜSSTE JEDER DRITTE GEGEN TORNADOS SEIN
: Von wegen „Spiegel der Gesellschaft“

Ein Angehöriger der Bundeswehr verweigert seine Mitwirkung am Tornado-Einsatz in Afghanistan. Wunderbar! Wird nicht immer wieder von allen Seiten betont, die Bundeswehr sei „ein Spiegel der Gesellschaft“? Ein Armee der Staatsbürger in Uniform, in der alle sozialen Schichten, alle politischen Richtungen, alle Meinungen vertreten sind?

Eigentlich müssten sich diejenigen, die diese These immer noch verteidigen, längst schon gefragt haben, warum die Bundeswehrsoldaten nicht scharenweise vom Afghanistaneinsatz fernbleiben. Denn das Meinungsbild in der Bevölkerung sieht so aus: Drei Viertel der Deutschen sind dagegen, Tornados an den Hindukusch zu entsenden. Auch im Bundestag sind sich die Abgeordneten alles andere als einig. Ja, selbst innerhalb der Regierungsfraktion SPD stimmte vergangenen Freitag fast jeder Dritte gegen den Einsatz.

Vor diesem Hintergrund erscheint es geradezu lächerlich, dass sich in der Bundeswehr nur ein einziger Tornado-Gegner findet. Noch dazu einer, der in Fachkreisen als notorischer Bundeswehr-Kritiker gilt und bei dem sich manch einer fragt, warum er nicht längst den Dienst quittiert hat. Diese Tatsache zeigt, dass von einer Massenverweigerung des Afghanistaneinsatzes in der Bundeswehr bisher nichts bekannt wurde: Die Armee der Wehrpflichtigen ist eben nicht der Spiegel der Gesellschaft, den sich ihre Gründungsväter wünschten. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit wird sie immer mehr zum Sammelbecken für junge Männer, die woanders schlechte Jobchancen haben. Die ihre Karriere im Zweifelsfall eher nicht durch Gewissensprobleme gefährden wollen.

Das kann man bedauern. Man kann aber auch eine Konsequenz daraus ziehen und sich von ein paar Lebenslügen aus der Zeit der alten Bonner Republik verabschieden: Die Bundeswehr ist keine reine Verteidigungsarmee mehr. Wer heute Soldat wird, muss damit rechnen, dass er das Kasernengelände auch verlassen muss. Wenn Deutschland sich zunehmend – mit Billigung des Parlaments – an Kampfeinsätzen im Ausland beteiligen soll, dann ist die Bundeswehr in ihrer alten Form überholt. Und wenn dem so ist, gehört die Wehrpflicht auf den Prüfstand. KATHARINA KOUFEN