Drohungen aus Srebrenica

Rückkehrerinnen wollen die Stadt in der Republika Srpska wieder verlassen, falls ihre Forderungen nach einem besonderen Status der Region nicht erfüllt werden

SARAJEVO taz ■ Die nach dem Massaker vom Juli 1995 nach Srebrenica zurückgekehrten Frauen drohen damit, die Stadt geschlossen wieder zu verlassen, wenn ihre Forderungen nicht umgesetzt werden. Sie wollen einen besonderen Status für die Stadt und die umliegenden Dörfer. Srebrenica liegt in der Republika Srpska, dem serbischen Teilstaat in Bosnien und Herzegowina.

Seit dem Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, der festgestellt hat, das Massaker vor 12 Jahren sei ein Genozid gewesen, versucht die Organisation der überlebenden Frauen, die Mütter von Srebrenica, die Lebenssituation der muslimischen Rückkehrerinnen und ihrer Kinder an die Öffentlichkeit zu bringen. So sind die Frauen und ihre Kinder in der serbischen Teilrepublik nicht krankenversichert, sie müssen über 100 Kilometer reisen, um ins Krankenhaus der im anderen Teilstaat Bosniens gelegenen Stadt Tuzla zu gelangen. Zwar können die Kinder die Grundschule besuchen, weiterführende jedoch nur in der muslimisch-kroatischen Föderation. Auch kritisieren die Frauen die sie nach wie vor diskriminierende Verwaltungspraxis der serbisch-bosnischen Behörden, so auch bei der Vergabe von Arbeitsplätzen.

Deshalb fordern die Rückkehrerinnen einen eigenen Status für die Gemeinde Srebrenica, in der die muslimische Bevölkerung gegenüber den Serben wieder in der Mehrheit ist. Falls diese Forderung nicht erfüllt würde, so drohten sie, wollten sie ursprünglich schon in dieser Woche geschlossen aus Srebrenica ausziehen. Nach Diskussionen mit Politikern aus Sarajevo und dem Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft, Christian Schwarz-Schilling, verschoben sie diesen Termin jedoch auf Mitte April.

Sowohl Schwarz-Schilling als auch andere Diplomaten und Politiker wiesen die Mütter von Srebrenica darauf hin, dass die Veränderung des Status der Gemeinde nur im Rahmen der Strukturen der serbischen Teilrepublik möglich sei. Bosniakisch-muslimische Politiker in Sarajevo unterstützen zwar die Forderungen der Frauen, riefen sie jedoch dazu auf, in Srebrenica zu bleiben. ERICH RATHFELDER