Verkaufen verboten

AUS HAMBURG DANIEL WIESE

Christian Wulff legt sich schwer ins Zeug. „Die Fehler des Managements dürfen nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen werden“, ruft der niedersächsische CDU-Ministerpräsident in das Meer aus roten IG-Metall-Fahnen. „Wir stehen an Ihrer Seite!“ Verhaltener Beifall, aber auch keine Pfiffe.

20.000 Menschen sind auf der Hamburger Reeperbahn, um gegen die Sanierungspläne des Airbus-Konzerns zu protestieren. Zeitgleich demonstrieren 7.000 Airbus-Mitarbeiter vor der französischen Zentrale in Toulouse. Auch vor den spanischen und britischen Standorten des Konzerns kommt es zu Protesten.

„Wir werden niemals gegen unsere Kollegen in Frankreich, Spanien oder England kämpfen“, beschwört IG-Metall-Chef Jürgen Peters die grenzüberschreitende Solidarität. Die Konzernführung von Airbus plant mit dem Sanierungsprogramm „Power 8“ den Abbau von europaweit 8.000 Arbeitsplätzen. Die gefährdeten Standorte in Deutschland stehen im baden-württembergischen Laupheim sowie in den niedersächsischen Orten Varel und Nordenham.

Gerade die internationale Solidarität liegt dem niedersächsischen Ministerpräsidenten allerdings weniger am Herzen. „Wir wollen die Kompetenz in Deutschland behalten“, sagt Wulff, und dass Deutschland nicht „zur verlängerten Werkbank“ Frankreichs werden darf. Der Verkauf der deutschen Standorte sei ein Fehler, weil „mit einem Verlust von technischem Know-how“ bei Airbus verbunden. Der Konzern solle doch Kredite aufnehmen oder auf die Rendite verzichten, schlägt Wulff vor und verlangt „einklagbare Zusagen“ von den Anteilseignern in Toulouse.

Vorsichtiger äußert sich da Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), der ebenfalls extra zur Kundgebung nach Hamburg gereist ist. Die Manager sollten „die Karten auf den Tisch legen“, damit nach Lösungen gesucht werden könne, „wie die Arbeitnehmerinteressen gewahrt werden und Airbus trotzdem aus den Schlagzeilen kommen kann“.

Der baden-württembergische Standort Laupheim „sei notwendig“ für Toulouse und die deutschen Airbus-Zentrale in Hamburg, sagt Oettinger. Die Bundesregierung müsse nun Druck ausüben, schließlich sei der deutsche Staat ein „starker Auftraggeber“ für die Airbus-Mutter, den Rüstungs- und Raumfahrtkonzern EADS.

Die nicht vom Verkauf bedrohten Standorte Hamburg und Bremen sind durch Senatoren vertreten. „Es gibt Dinge, die lassen wir uns nicht nehmen“, meint Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), und das seien der Hamburger Hafen und Airbus. Bremens Finanzsenator Ulrich Nußbaum lobt Airbus als „erfolgreiches Projekt“, weswegen es falsch sei, die Standorte und Mitarbeiter gegeneinander auszuspielen.

Zuletzt hatte Airbus durch technische Probleme bei der Produktion und den Verlust von milliardenschweren Aufträgen von sich Reden gemacht. Dennoch ist die Stimmung auf der Reeperbahn verhalten optimistisch. 20.000 Menschen bei einer Demonstration seien ein „überzeugendes Signal“, macht Ministerpräsident Wulff Mut. Und IG-Metall-Chef Peters formuliert eine klare Kampfansage: „Wir wissen, wo unsere Gegner stehen, die Kampfansage des Top-Managements haben wir begriffen“, ruft er und erntet den Jubel der Demonstranten.

Am Ende, um die Bierstände auf der Reeperbahn drängen sich allmählich Menschentrauben, singt ein Gewerkschaftschor aus der Wesermarsch zur Gitarre einen Protestsong. Die erste Strophe geht so: „Die Bosse grübeln, was mit uns uns passiert / Die meinen, wir gehören ausradiert. / Für deren Fehler sollen wir jetzt blechen / vertut euch mal nicht, sonst werden wir uns rächen.“

Die nächsten Wochen werden zeigen, was von diesem Elan übrig bleibt.