Wuppertal rappelt

Im Westderby gewinnt der WSV 3:1 in Düsseldorf. Der bergische Konterfußball könnte zum Aufstieg reichen

DÜSSELDORF taz ■ Als die Zuschauer in der Düsseldorfer Arena für Bratwurst und Bier anstanden, wurde ein altgedienter Reporter mit einer kurzen Halbzeitpausen-Zeremonie verabschiedet. Handschlag – das war‘s: Wilfried Luchtenberg kommentierte letztmals ein Fußballspiel. Nach Dieter Adler, Heribert Faßbender, Klaus Schwarze und Herbert Watterott geht der nächste Oldie aus der ARD-Sportschau-Riege in den Ruhestand. Schade, schalten wir doch heute eher widerwillig ein, wenn die neuen Bergeners, Simons und Gottlobs uns das Spiel erklären wollen.

Dass sich Luchtenberg für seinen Abschied ausgerechnet das Drittligaspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und dem Wuppertaler SV erwählt hatte, erscheint folgerichtig. In den 70er und 80er Jahren, als Luchtenberg seine beste Zeit hatte und bei WM- und Europapokalspielen hinter dem Mikrofon sitzen durfte, kickten auch die beiden Westclubs noch relativ weit oben. Das ist lange her: Die Landeshauptstädter sind vor zehn Jahren aus der Bundesliga abgestiegen. Die Bergischen haben ihr letztes Zweitligaspiel 1994 ausgetragen.

Einem Comeback näher ist seit dem Samstag der Wuppertaler SV. Vor 18.937 Zuschauern organisierte die Auswärtself ein Defensivkartell, gegen das die seit Wochen formschwache Fortuna scheitern musste. Der Exdüsseldorfer Mike Rietpietsch und der zuvor lange verletzte Manuel Bölstler öffneten diesen destruktiven WSV-Verbund immer wieder, schufen Platz mit stilsicheren Pässen und akkuraten Vorlagen aus dem Mittelfeld. Bölstlers abgefälschten 1:0-Distanzschuss nach der Halbzeit konnte Düsseldorf durch ein Strafraumtor von Marcus Feinbier noch in die Waage bringen, doch danach zerbrach das ideenlose Heimteam am wehrhaften WSV-Konterfußball. 2:1, 3:1 – am Ende war der Auswärtssieg „auch in dieser Höhe verdient“, wie Wilfried Luchtenberg es so oft in seiner Karriere aufsagte.

„Wenn wir weiter im Aufstiegsrennen bleiben wollen, dürfen wir solche Fehler nicht machen“, sagte Düsseldorfs Trainer Uwe Weidemann danach in die Mikrofone und meinte Abwehrfauxpas in der zweiten Hälfte. Doch die Probleme der Fortuna sind gravierender: Weidemanns Mannschaft hat in der Rückrunde dramatisch an Wettbewerbshärte und Torgefahr eingebüßt. Derweil Lokalmedien und Fans am Rhein fast schon zu optimistisch in den Aufstieg reinfeierten, fehlt es dem Team um Kapitän Markus Anfang vor allem an Kreativität. In der Hinrunde wurden die Gegner oftmals ausgespielt, seit der Winterpause pölen die Düsseldorfer den Ball meist nur noch oberflächlich nach vorn. Zur Strafe rutschten die Rot-Weißen auf den achten Tabellenplatz ab.

Während die Düsseldorfer ihre Träume von einer Zweitligasaison mit Gladbach, Köln und Essen vielleicht bald beenden müssen, schwebten die 3.000 mitgereisten WSV-Fans in Euphorie. „In den letzten Wochen haben wir uns aus den Problemen herausgerappelt“, sagte Wuppertals Trainer Uwe Fuchs. Die neue Stärke des WSV ist auch die letzte Hoffnung der Fortuna. In der Regionalliga rappelt und schwankt alles, kein Team dominiert die Spielklasse. Darum ist es sogar nicht auszuschließen, dass beide Westclubs am Ende doch gemeinsam in die zweite Liga hochrumpeln.

MARTIN TEIGELER