JULIA NIEMANN KANN MAN DAS ESSEN?
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Plötzlich sind merkwürdige Dinge in den Müslis und Smoothies: Spirulina-Algen, Chia-Samen oder Beeren aus den hintersten Winkeln der Welt. Diese „Superfoods“ sollen Wunder wirken: die Haut straffen, das Leben verlängern, Krebs und Bluthochdruck vorbeugen – und dazu noch schlank machen.

Auch Rote Bete, Brokkoli und die Kakaobohne kommen gerade wieder groß raus – weil sie voll mit Vitaminen und Antioxidantien sind. Aber weil man für Brokkoli nicht einen Euro pro Krümel verlangen kann, wird die Acai-Beere aus dem Amazonasgebiet eingeflogen (10 Euro pro hundert Gramm), die nach Fischfutter schmeckende Spirulina-Alge aus dem mexikanischen Texcoco-See gefischt (20 Euro pro Dose) und das Super-Kraut Moringa aus Indien importiert (ebenfalls 20 Euro pro Dose). Wenn man den Fans glauben darf, enthalten hundert Gramm Moringa-Blätter viermal mehr Vitamin A als Möhren, viermal mehr Kalzium als Milch und siebenmal mehr Vitamin C als Orangen. Bäm! Nehmt dies, ihr Zweifler.

Also habe ich mir ein Müsli gemischt aus Goji- und Acai-Beeren und Chia-Samen. Geschadet hat es jedenfalls nicht. Geschmeckt hat es, nun ja, nach Beere. Säuerlich.

Die Aronia, auch Apfelbeere genannt, ist von all den Wundermitteln das Einzige, was ich mir auf Dauer leisten könnte – ein Energieriegel kostet 1,50 Euro, eine Flasche Saft sechs Euro. Die Beere steckt voller Flavonoide, enthält viel Folsäure, Vitamin K und Vitamin C und zählt in Polen und Russland zu den Heilpflanzen. Der Geschmack ist schlimmer als Medizin: als würde man auf einem Klumpen Erde herumkauen. So erinnert der Energieriegel an ein Torfbrikett mit einem Hauch 80er-Jahre-Reformhaus-Fruchtgeschmack. Der Saft ist unverdünnt ungenießbar sauer. Eigentlich habe ich ihn gekauft, um meinen Eisenvorrat aufzustocken. Aber das kann Rote Bete auch. Im Vergleich: eine Knolle kostet 30 Cent.

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