LESERINNENVORWURF

Wer spricht schlechter Deutsch?

Muss sich die taz wirklich an der unsäglichen Debatte beteiligen, ob Raed Saleh, der Nachfolger von Klaus Wowereit werden will, korrektes Deutsch spricht? Selbst der Artikel von Sebastian Heiser („Er kann es“) ist doch nur defensiv. Wer spricht schlechter Deutsch? Ein Dortmunder aus dem Ruhrpott oder ein Berliner mit Migrationshintergrund? Das ist doch Scheinobjektivität, die schon wieder selbst diskriminierend wirkt! Kann nicht wenigstens die taz sich auf eine Debatte über das politische Programm oder was die Berliner/innen von einem SPD-Bürgermeister Raed Saleh zu erwarten haben konzentrieren? Die Frage ist, ob er Regierender Bürgermeister von Berlin kann! BARBARA KLOSS-QUIROGA, Berlin

Die taz antwortet
Andere hetzen, wir reden lieber offen darüber

Liebe Frau Barbara Kloss-Quiroga,

mit dieser Kritik stehen Sie nicht allein. Der politische und publizistische Umgang mit verschiedensten Migrationshintergründen ist ein heikles Feld, auf dem die Meinungen und Empfindlichkeiten weit auseinandergehen. Für uns gibt es im Fall Raed Saleh im Grunde zwei Möglichkeiten: Man kann so tun, als ob er ein Kandidat wie jeder andere ohne Migrationsgeschichte und in der Spitzenpolitik ungewohnten Zungenschlag wäre. Das hieße, einfach zuzuschauen, wie sich andere darüber mokieren oder deshalb gegen Saleh hetzen, was längst geschieht. Und es gibt die Möglichkeit, die wir am Donnerstag gewählt haben: Wir sprechen das, was jeder hören und sehen kann, offen an – und sagen, wir halten das für keinen Nachteil, sondern im Gegenteil: Wir halten es für eine coole Sache, dass Saleh als Kandidat für das Amt des Bürgermeisters in der Weltstadt Berlin antritt. Dafür haben wir uns entschieden. Und Sie können sicher sein: Über sein politisches Programm und seinen Wahlkampf werden wir noch ausführlich berichten. Lukas Wallraff, Redakteur taz.eins