fh-affäre
: Zu viel schnelles Geld

Nur ein kleines bisschen Bestechlichkeit? Kriminelle Energie von Einzelpersonen? Von wegen. Die Affäre um universitären Subventionsbetrug rund um die Fachhochschule Gelsenkirchen und die von ihr vorangetriebenen Strukturwandelprojekte zeigt, woran die Förderpraxis im Ruhrgebiet krankt: Die symbiotische Verbindung von Wissenschaft, Politik und Verwaltung hat offenbar dazu geführt, dass nahezu jedem Professor ohne wirksame Kontrolle Millionenbeträge zugeschustert werden, der mit einer kurzen Power-Point-Präsentation unfallfrei einen Business-Plan vorstellen kann.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Alte wie neue Landesregierung, Rot-Grüne wie Schwarz-Gelbe haben es offenbar nie für nötig gehalten, den akademischen Glücksritter ernsthaft auf die Finger zu schauen. Ein guter Ruf und ein auf ein modisches Cluster wie Medizin- oder Biotechnologie zugeschnittenes Konzept waren den Geldgebern wohl genug. Dabei wäre es einfach gewesen, den Betrügern nachzukommen: Es braucht keinen detektivischen Instinkt, um Fragen zu stellen, wenn ein Netz von Start-Up-Unternehmen mit der gleichen Adresse und nahezu denselben handelnden Personen Förderanträge stellt.

Mit Gutgläubigkeit allein sind die Versäumnisse nicht zu erklären. Es ist zu befürchten, dass hohe Ministerialbeamte und Politiker die Augen zugedrückt haben, um ihrer Region prestigeträchtige Projekte und sich selbst schöne Fotos mit Hoffnungsträgern aus Boombranchen zu ermöglichen. Für die zuständigen Minister, den Regierungspräsidenten und auch Gelsenkirchens FH-Rektor bleibt zu hoffen, dass naive Blindheit die Abzocke ermöglicht hat. Wenn es aber elitäre Kumpanei gegeben hat, wäre der Schaden noch um ein Vielfaches größer, als er ohnehin schon ist: Das neue, strukturgewandelte Ruhrgebiet hätte beim Aufbau seiner neuen Branchen dann auf die ganz alten Filzmechanismen zurückgegriffen. Das wäre der worst case – für eine ganze Region.