Gericht entscheidet für Littmann

Machtkampf beim FC St. Pauli: Aufsichtsrat blockiert Vergleichsvorschläge des Landgerichts. Corny Littmann tritt endgültig vom Rücktritt zurück. Schlammschlacht auf Mitgliederversammlung droht

VON MARCO CARINI

Die Verhandlung vor dem Landgericht dauerte Stunden, das Urteil aber fiel knapp aus: Dem Aufsichtsrat des FC St. Pauli ist es untersagt, bis zur Mitgliederversammlung des Vereins am kommenden Sonntag die Abberufung des Klub-Präsidiums um Corny Littmann zu betreiben und einen neuen kommissarischen Vorstand einzusetzen. Zudem wurde dem Gremium untersagt, erneut zu behaupten, das Präsidium sei zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht in der Lage. Damit kommt es auf der Vollversammlung im CCH zum Showdown im Machtkampf am Millerntor.

Zuvor hatte sich die Vorsitzende Richterin der 2. Zivilkammer intensiv bemüht, den Streitparteien einen Vergleich in die Feder zu diktieren, der den Konflikt entschärfen sollte. Danach sollte es eine weitere Vollversammlung des Vereins im Mai geben, in der das Kontrollgremium den Mitgliedern sowohl seinen Kandidaten, den Unternehmer Stefan Orth, wie auch Littmann als Alternativkandidaten präsentiert. Bis dahin sollte das dreiköpfige Präsidium um Littmann durch zwei vom Aufsichtsrat benannte Personen aufgestockt werden, um eine bessere Kommunikation zwischen den Streitparteien zu gewährleisten.

Während Littmann und Co dem Vergleich zustimmten, lehnten die Räte ab. „Wir gehen lieber mit fliegenden Fahnen unter, als Littmann noch einmal zum Präsidenten vorzuschlagen“, begründete einer der Aufsichtsräte die Blockade.

Das könnte nun in der Tat passieren. Gegen die Räte liegen acht Abwahlanträge vor, über die die Mitglieder nun am Sonntag entscheiden müssen. Werden vier der sieben Kontrolleure mit Zweidrittelmehrheit in den Ruhestand geschickt, ist der Aufsichtsrat geplatzt. Doch der Verein könnte bald nicht nur ohne Kontrollgremium sondern auch ohne Präsidenten dastehen.

Zwar erklärte Littmann gestern vor Gericht, seinen Amtsrücktritt zum 26. März für „null und nichtig“, doch ob diese Kehrtwendung wirksam ist, daran äußerte das Gericht gestern Zweifel. „Nach unserer Auffassung haben sie ihren Rücktritt nicht angekündigt, sondern vollzogen“, erklärte die Vorsitzende Richterin. Damit scheint die nächste juristische Auseinandersetzung programmiert.

Während Littmann seinen Verbleib im Amt von einem Vertrauensbeweis der Mitglieder am Sonntag abhängig machen will, wird es bei Vizepräsident Markus Schulz keinen Rücktritt vom Rücktritt geben. Schulz erklärte, nach der Schlammschlacht der vergangenen Tage „nicht weiter zur Verfügung“ zu stehen.

Der Aufsichtsrat kündigte hingegen an, am Sonntag neue schwerwiegende Vorwürfe gegen Littmann öffentlich zu machen, die er bislang unter der Decke gehalten habe, um Schaden vom Verein abzuwenden. Sollte der Rat die Mitgliederversammlung überleben, will er bestimmte Verträge, die zur Realisierung der neuen Südtribüne notwendig sind, konsequent blockieren.

So kündigte Aufsichtsratssprecher Tay Eich an, ein Darlehensvertrag mit einer Schweizer Investorengruppe über vier Millionen Euro werde „nur über meine Leiche“ die notwendige Ratszustimmung erhalten. Der Vertrag ist für die Kontrolleure „inakzeptabel“, weil er an die Präsidentschaft von Littmann gebunden sein soll.

Das hingegen bestreitet Littmann: „Die Darlehensgeber haben lediglich die Möglichkeit aus dem Vertrag auszusteigen, wenn ein Präsidium die darin festgelegte Zielsetzung ändert, den Kredit etwa für den Kauf neuer Spieler verprasst.“