Ruhende Ämter

Handballmanager Hildebrandt soll Steuern hinterzogen haben und ist als Liga-Vorstand nicht mehr tragbar

KÖLN taz ■ Ein gar turbulentes Wochenende liegt hinter den Funktionären der Deutschen Handball-Liga (HBL). Verursacht hat das hektische Treiben der Magdeburger Bernd-Uwe Hildebrandt, als Aufsichtsrats- und Vorstandschef der HBL einer der wichtigsten deutschen Handballrepräsentanten. Seit Freitag war er jedoch nicht mehr tragbar für die Profiliga: Nach einer Strafanzeige, die von einem Insider stammen soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft Magdeburg gegen ihn unter anderem wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung – Hildebrandt soll als Manager des SC Magdeburg jahrelang zu geringe Zuschauerzahlen angegeben haben, um so unter anderem Spieler aus schwarzen Kassen bezahlen zu können. Aus diesem Grund war Hildebrandt am Freitag von seinem leitenden Posten beim SCM zurückgetreten.

Am Sonntag nun habe, so die Mitteldeutsche Zeitung, das Sozialministerium des Landes Sachsen-Anhalt den Rücktritt Hildebrandts als Leiter des Olympiastützpunktes Magdeburg/Halle wegen weiterer „Ungereimtheiten“ gefordert. Von daher stellte die Pressemitteilung der HBL am Montag keine Überraschung mehr dar: Hildebrandt werde, solange das Verfahren gegen ihn laufe, „seine Ämter ruhen lassen“. Die Stellvertreter Andreas Schweikart (Göppingen) und Uli Derad (Dormagen) werden die Ämter nun kommissarisch übernehmen.

Die Folgen für den SC Magdeburg, der im Jahre 2002 als bisher einziger deutscher Klub die Champions League gewann, sind noch nicht abzusehen. Sollte sich der Verdacht der schwarzen Kassen erhärten, ist laut HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann selbst ein Lizenzentzug nicht ausgeschlossen. „Alles, was uns bekannt wird, wird in das Lizenzierungsverfahren einfließen“, sagte Bohmann, der freilich davon ausgeht, dass die Ermittlungen „sich über Monate hinziehen“. Der dreiköpfigen Kommission, die bis zum 17. Mai über die Lizenzen der kommenden Saison entscheidet, gehören neben Bohmann noch Dr. Siegfried Friedrich (Schwerin) und Rolf Nottmeier (Minden) an. Über die Nachfolge Hildebrandts wollte Bohmann sich nicht äußern. „Diesen Fall hatten wir nicht als Option in der Schublade stecken“, erklärte der HBL-Geschäftsführer, „aber klar ist, dass jetzt nicht im Handstreich ein neuer Vorsitzender ernannt wird.“ Für die Wahl sei die Ligaversammlung zuständig, das Gremium aller Erst- und Zweitbundesligisten, das am 23. Juni das nächste Mal turnusgemäß tagt. Hinter den Kulissen werden freilich schon drei mögliche Nachfolger gehandelt.

Zum einen die Torhüter-Legende Andreas Thiel, der als Rechtsanwalt in Köln arbeitet und die HBL als „ständiger juristischer Berater“ unterstützt. Thiel war schon vor drei Jahren im Gespräch, sagte dann aber ab, da die Unterstützung nicht groß genug war. Dem Vernehmen nach ist auch Uwe Schwenker ein heißer Kandidat; der Geschäftsführer des Deutschen Meisters THW Kiel gilt als einflussreichster deutscher Handballmanager. „Schwenker gehört mindestens in den HBL-Vorstand“, fordert nicht nur Vorstandsmitglied Manfred Werner. „Wir dürfen uns jetzt zu keinem Schnellschuss hinreißen lassen, wir müssen uns erst einmal in Ruhe hinsetzen und die Lage besprechen“, blockt Schwenker, der sich 2003 nach Differenzen mit dem damaligen Liga-Chef Heinz Jacobsen aus der Arbeit in der Liga verabschiedet hatte, aber ab. „Es wäre notwendig, dass sich die Erstligisten schon vor Juni einmal treffen“, sagt er und favorisiert wie nicht wenige Funktionäre eine „externe Lösung“ – jemand ohne Stallgeruch.

In dieses Profil passt Klaus Kinkel, der ehemalige Bundesaußenminister – und dieser Name fiel zuletzt häufig in Handballzirkeln. Zumal Kinkel, unbemerkt von der Öffentlichkeit, ebenfalls im Gespräch für das HBL-Aufsichtsratsmandat gewesen war, bevor Hildebrandt gewählt wurde. Auf Anfrage ließ Kinkel jedoch ausrichten, er wisse nichts von einer aktuellen Anfrage. Ganz auf die Schnelle lässt sich das Machtvakuum an der Spitze der Handball-Profiliga also nicht füllen. ERIK EGGERS