„Junge und Alte fehlen“

AUSSTELLUNG Schüler der St. Johannisschule zeigen ihre Entwürfe für eine etwas andere Überseestadt

■ 46, ist Architektin und leitete das von der Bremer Schuloffensive in Kooperation mit dem Hafenmuseum durchgeführte Hafenquartiers-Projekt.

taz: Frau Waterholter, was kommt dabei heraus, wenn Elftklässler die Überseestadt planen?

Antje Waterholter: Zunächst mal spannende Zwischennutzungen! Das Projekt der St. Johannisschule, das ich als Architektin begleitet habe, hat sich intensiv mit den dortigen Brachen beschäftigt und temporäre Architekturen für sie entwickelt. Zum Beispiel Wohncontainer für Studenten, die über schwimmende Plattformen mit dem Wasser verbunden sind. Besonders beeindruckt war ich von fingerförmig angeordneten Float-Elementen, die sich zu einer Wohnskulptur zusammen gefügt haben.

Da haben sich die Studis in spe sich was Schönes für ihre eigene Zukunft ausgedacht ...

Klar. Es geht ja darum etwas zu entwickeln, mit dem man sich selbst identifizieren kann. Die „Überseestadt“ ist mit 300 Hektar doppelt so groß wie das Hamburger Hafencity und noch weit davon entfernt, dass hier eine wirkliche Quartiersentwicklung statt fände. Dazu bräuchte man wesentlich weitgehendere Beteiligungsverfahren. Die Schüler haben die Freiflächen übrigens auch genutzt, um ein großes Festivalgelände zu konzipieren.

Dann könnte man die angeblich so wilden Technopartys vom Werdersee dorthin verlegen wo sich noch kaum Anwohner beschweren können?

Ja. Die Schüler haben das auch nicht für den Kopf des Europahafens geplant, an dem ja bereits einige Leute leben, sondern für die riesige Brache hinter dem Großmarkt. Das fliegen zwar viele Möwen, aber es ist kein Naturschutzgebiet.

Wird die Überseestadt auch in der Realität „jung genug“ geplant?

Ich fürchte, nein. Weder die Jungen noch die Alten sind dort bislang ausreichend berücksichtigt. Es gibt zwar sehr gute Planungen mit Beteiligung des Sportgartens unter anderem für eine Skaterfläche, aber das langt nicht aus. Die großen Projektentwicklungsgesellschaften kaufen die Brachen, ohne dass dadurch eine den Bedürfnissen vieler verschiedener Gruppen entsprechende Entwicklung der Infrastruktur in Gang kommt. In Köln beispielsweise werden städtische Brachen wie am Eifelwall mit wesentlich umfassenderen Beteiligungsverfahren entwickelt.

Interview: HENNING BLEYL

Die Eröffnung der Ausstellung „Früher Hafenquartier – heute Stadtteil“ ist heute um 17 Uhr im Hafenmuseum im Speicher XI