Um die Stille betrogen

Abfall für alle: Der Kölnische Kunstverein sperrt den Lärm ins Museum und hilft den Ohren auf die Sprünge

Manchmal stört es schon ein bisschen mit Augen und Ohren durchs Leben gehen zu müssen. Am Kölner Neumarkt zum Beispiel. Links rattert die Straßenbahn, daneben rauscht mehrspurig der Durchgangsverkehr, rechts überbrücken die Fußgänger den Schaufensterbummel mit Smalltalk. Und am Westende thront in einem feinsinnig grauen Bau aus den 1950er Jahren der Kölnische Kunstverein „Die Brücke“, Hort der kontemplativen Kunsterfahrung.

Doch weit gefehlt. An der rechten Wand des Foyers bekleiden großformatige Grafiken die Wand, links im Raum flimmern die Signale von neun verschiedenen DVDs gleichzeitig über den Beamer und unter allem liegt ein tiefes Brummen, das am ganzen Körper spürbar ist. Reizüberflutung total also anstatt Rückzugsmöglichkeit für Kunstsinnige - so präsentiert sich die Ausstellung „Museum of Noise“ von James Beckett und Marc Bain.

Nun ist deren Grundidee nicht wirklich neu. Der Futurist Luigi Russolo feierte den Lärm als Instrument, John Cage klappte den Klavierdeckel zu und stellte klar, dass es Stille nicht gibt und die britische Industrialbewegung brachte den akustischen Abraum zur Zivilisationskritik auf die Bühne. Aber das kunsthistorische Wissen verflüchtigt sich schnell, steht man einmal orientierungslos im Ausstellungsraum und wundert sich über den Straßenlärm.

Gedämpft dringt er über kleine Kontaktmikrophone, die an den Fensterscheiben des Kunstvereins befestigt sind und diese als Resonanzboden nutzen, in den Raum ein und löst die Grenzen zwischen Innen und Aussen im Rauschen auf. Wenn dann noch der Blick in den idyllischen Garten des Amerika-Hauses nebenan keine Rückzugsmöglichkeit mehr bietet, geht das Konzept von Beckett und Bain endgültig auf.

Das Grundrauschen der Technik ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen und trotzdem nicht so richtig angekommen. Nirgends ist das sinnfälliger als in Marc Bains „Buzzphones“, einem Paar Kopfhörer, die, in eine Steckdose gestöpselt, das niederfrequentige Brummen der Stromleitung ausnahmsweise mal direkt auf die Ohren geben. Den dokumentarischen Weg geht James Beckett, der das ungleichmäßige Flimmern der Leuchtstoffröhren als Tonfrequenz abbildet. Vielleicht ist es der aufgeklärte Umgang mit Verzicht auf eine drastische Darstellung, der angemessen die Technikfolgen fürs Heute thematisiert.

CHRISTIAN WERTHSCHULTE

Museum of Noise Kunstverein Köln Bis 20. Mai 2007 www.koelnischerkunstverein.de