„Das war kein rot-grünes Projekt“

Die Wissenschaftspolitikerin Ruth Seidl fordert mehr Transparenz bei der Förderung innovativer Unternehmen

RUTH SEIDL, Jahrgang 1953, ist Abgeordnete und wissenschaftspolitische Sprecherin der NRW-Grünen im Düsseldorfer Landtag

taz: Die Gelsenkirchener FH-Affäre ist peinlich für die Politik. Ist dieser angebliche Millionen-Betrug der Beweis, dass in NRW die falschen Unternehmen gefördert werden?Ruth Seidl: Bislang ist das ein Einzelfall. Ein krasser Einzelfall zugegebenermaßen, der aber nicht verallgemeinert werden kann. Wir müssen jetzt den weiteren Verlauf der Ermittlungen abwarten. Dann wird man sagen können, ob die Gelsenkirchener Vorgänge nur die Spitze eines Eisbergs sind. Tatsache ist aber, dass gerade das Inkubatorzentrum ein Leuchtturmprojekt der SPD sein sollte.

Nicht der Grünen? Sie haben doch damals mitregiert?Es war kein politisches Projekt der rot-grünen Koalition, sondern eine Sache der zuständigen Ministerien. Federführend waren die Wirtschaftsminister und Wissenschaftsministerinnen der SPD. Aktuell liegt die Zuständigkeit bei Wirtschaftsministerin Thoben und Innovationsminister Pinkwart.

Aber die ganze Politik schmückt sich doch gern mit dem Image von vermeintlichen Innovationsfirmen. Auch die Grünen.Auch wir haben vor zwei Jahren auf unserer Hochschul-Tour das Inkubatorzentrum besucht. Uns ist damals bereits aufgefallen, dass dieses Unternehmen keine besonders guten Ergebnisse bei den Firmengründungen vorzuweisen hatte. Aber für die konkrete Prüfung solcher Projekte sind nicht wir Abgeordnete zuständig – dafür ist die Förderlandschaft in NRW einfach zu groß.

Ist das nicht in Wahrheit das Kernproblem: die unübersichtlichen Förderprogramme für universitätsnahe Unternehmen, bei denen niemand mehr durchblickt?Hier muss es Veränderungen geben. Wir brauchen mehr Transparenz. Leider ist FDP-Forschungsminister Andreas Pinkwart gerade dabei, die Einfluss- und Kontrollrechte des Parlaments einzuschränken. Das ist der falsche Weg.

Was kann der Landtag überhaupt machen, um eine Wiederholung der Gelsenkirchener Affäre zu verhindern?Das muss jetzt lückenlos aufgeklärt werden. Von den Justizbehörden und von der schwarz-gelben Landesregierung. Wir als Grüne haben noch für den März beantragt, dass sich der Haushaltskontrollausschuss mit den Vorkommnissen beschäftigt. Zudem sollte es eine Aktuelle Stunde im Landtag geben. Es muss geklärt werden, wer hier die politische Verantwortung dafür trägt, dass bestehende Gesetze nicht eingehalten wurden.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER