Keine Demokratie für Hongkong

CHINA Peking behält sich vor, die Auswahl von Kandidaten für die Regierung in Hongkong selbst zu bestimmen. Aktivisten protestieren dagegen

BERLIN taz | Die Befürchtungen der Hongkonger Demokratieaktivisten werden wahr: Die chinesische Staatsführung in Peking hat am Sonntag nach einer einwöchigen Beratung beschlossen, dass sie auch weiterhin über die Auswahl der Kandidaten für das Amt des Verwaltungs- und Regierungschefs in der Sonderwirtschaftszone entscheiden wird. Alle Bewerber müssten von „mehr als der Hälfte der Mitglieder“ eines „umfassend repräsentativen Nominierungskomitees“ unterstützt werden, entschied der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses.

Konkret wird das mit dem zweiten Satz in der knappen Erklärung: „Der Verwaltungschef muss eine Person sein, die das Land und Hongkong liebt.“ Sprich: Die Kandidaten müssen der chinesischen Führung treu ergeben sein. Maximal dürfen nur drei Kandidaten aufgestellt werden. Mit dieser Regelung erteilt die chinesische Führung der für 2017 zugesagten ersten freien Direktwahl eine klare Absage.

Die ehemalige britische Kronkolonie genießt seit der Rückgabe an China 1997 einen Sonderstatus mit einem eigenen Rechtssystem, das anders als in der Volksrepublik auch Presse- und Versammlungsfreiheit vorsieht. Eine Demokratie ist Hongkong aber nicht mehr. Die Mitglieder des Parlaments werden zum größten Teil von Peking bestimmt, ebenso die Verwaltung.

Für 2017 hatte Peking den Hongkongern jedoch versprochen, dass sie ihren Regierungschef erstmals selbst wählen dürfen. Doch mit dem jüngsten Beschluss entpuppt sich diese Zusage als Farce. Ein Regierungsvertreter in Peking sagte auf einer Pressekonferenz, die offene Nominierung von Kandidaten hätte „eine chaotische Gesellschaft“ geschaffen und den Wohlstand und die Stabilität der Stadt gefährdet.

Noch während die Regelung in Peking verkündet wird, haben sich am Abend in Hongkongs Innenstadt mehrere tausend Demokratie-Aktivisten versammelt. Sie wollen das Regierungs- und Bankenviertel besetzen. „Alle Möglichkeiten des Dialogs“ mit Peking seien erschöpft, erklärte ein Sprecher. Daher bleibe jetzt nur noch der Protest auf der Straße. FELIX LEE