Schon wieder die Kopfpauschale

Die versprochene Pflegereform kommt nicht in Gang. Union und SPD entzweien sich an Beitragspauschale

BERLIN taz ■ Eine Reform der Pflegeversicherung in diesem Jahr wird immer unwahrscheinlicher. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Elke Ferner rechnet damit, dass die Pflege erst im nächsten Jahr auf der politischen Agenda steht: „Ich gehe davon aus, dass der Bundestag im Laufe des Jahres 2008 über eine Beschlussvorlage entscheiden wird“, sagte sie der taz. Demgegenüber hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) erklärt, die Reform solle bis zum Jahresende unter Dach und Fach sein.

Ferner will zuerst klären, welche Pflegeleistungen verändert werden und wie das zu bezahlen sei. In der Finanzierungsfrage aber stehen die Koalitionspartner vor unvereinbaren Gegensätzen. Die von der Union vorgelegten Pläne über eine private Pflichtversicherung für die Pflege stoßen beim Koalitionspartner SPD auf Ablehnung. Ferner sagte, ihre Partei lehne das Konzept als nicht verhandelbar ab.

Die Unionsländer wollen von den Versicherten zusätzlich zum Monatsbeitrag künftig auch einen einheitlichen Betrag pro Kopf kassieren. Die bayerische Staatsministerin Christa Stewens (CSU) stellte dazu am Montag ein Modell vor, wonach alle 70 Millionen Versicherten – also auch die Rentner – künftig einen Betrag von zunächst 6 Euro pro Monat privat ansparen sollten. Diese monatliche Pauschale soll jährlich um 1 Euro steigen, sodass Versicherte nach 30 Jahren monatlich 36 Euro Kopfpauschale zu zahlen hätten. Dafür sollen die lohnabhängigen Beiträge bei 1,7 Prozent stabil bleiben. Das Konzept ist auch innerhalb der Union umstritten.

Unionspflegeexperte Willi Zylajew (CDU) sieht weiteren Beratungsbedarf. Er plädiert dafür, die Beiträge auf etwa 2,2 Prozent zu erhöhen, und dafür, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung abzusenken. Dieses Konzept vertritt der Arbeitnehmerflügel der Union. Dadurch könnten etwa 5 Milliarden Euro in die Kassen der Pflegeversicherung geleitet werden, so Zylajew zur taz. „Eine Kopfpauschale würde ich aber trotzdem nehmen, nur würde sie moderater steigen“, meint er. Auch Zylajew ist dafür, die Reform der Pflegeversicherung besonnen anzugehen.

Wie das Bundesgesundheitsministerium als Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP einräumt, wird die Pflegeversicherung nach der endgültigen Jahresbilanz auch für 2006 wieder ein Defizit aufweisen. Es betrage 350 Millionen Euro, hieß es. Zu Jahresbeginn hatte das Ministerium noch einen Überschuss gemeldet. ANNA LEHMANN

meinung und diskussion SEITE 11