Der große Strippenzieher Westberlins

Klaus-Rüdiger Landowsky, 64, spielte im Berliner Bankenskandal eine Schlüsselrolle. Das Berliner Landgericht verurteilte Landowsky gestern zu einer Bewährungsstrafe FOTO: AP

Spurlos ist der Prozess nicht an Klaus-Rüdiger Landowsky vorbeigegangen: Tiefe Falten haben sich in das Gesicht des Mannes gegraben, der mal der wichtigste Strippenzieher Westberlins war. Die Tränensäcke des früheren Berliner CDU-Fraktionschefs und Bankmanagers sind riesig, die Mundwinkel hängen.

Das Berliner Landgericht hat Landowsky gestern wegen Untreue zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Mit dem Urteil über den 64 Jahre alten Landowsky und zwölf andere Bankmanager und Aufsichtsräte der Berlin Hyp, einer Tochter der landeseigenen Bankgesellschaft Berlin, endete einer der wichtigsten Strafprozesse der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Für Landowsky ist der Schuldspruch der Tiefpunkt eines beispiellosen Abstiegs. In Westberlin und in den 90er-Jahren, nach der Wende, kam niemand an ihm vorbei. Als mächtigster Mann der CDU steuerte er deren Fraktion, er saß bei den Senatssitzungen des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen mit am Tisch, er war Chef der Bankgesellschaftstochter Berlin Hyp. Bei dem Machtmenschen, den Freunde „Lando“ nannten, liefen alle Fäden zusammen.

In der dauersubventionierten Inselstadt war er jahrzehntelang einer der führenden Politiker: Seit 1961 in der Berliner CDU übernahm Landowsky 1985 das Amt des Generalsekretärs und damit die Leitung der Parteiorganisation. Mit starkem Machtwillen und dem Hang zu rechtspopulistischen Sprüchen ausgestattet bestimmte er ab 1990 in der großen Koalition neben Diepgen die Geschicke der Stadt.

Sein Fall begann im Februar 2001. Landowsky bekam Probleme mit seiner Doppelrolle als Politiker und Manager der Berlin Hyp. Er bekannte, eine Parteispende von 40.000 Mark von zwei Immobilienunternehmern entgegengenommen zu haben. Diese tauchte im CDU-Rechenschaftsbericht nicht auf. Kurz zuvor hatte Landowskys Bank ebenjener Firma Kredite gewährt, die in dem Gerichtsprozess Thema waren. Dabei habe Landowsky seine „Sorgfaltspflicht“ vernachlässigt, so der Richter.

Der Vorgang war beispielhaft für den Bankenskandal, an dem 2001 die große Koalition zerbrach. Die Manager hatten das Landesinstitut durch ein Gemisch aus Selbstüberschätzung, Filz und Inkompetenz an den Rand des Ruins gebracht. Insofern lag die Protestinitiative, die vor dem Gericht demonstrierte, richtig, als sie eine Gipsbüste Landowskys aufstellte. Die Aufschrift: „Für herausragende Verdienste um Filz, Korruption und Plünderung der Bevölkerung“.

ULRICH SCHULTE

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