KURZKRITIK: ANDREAS SCHNELL üBER „IN EINEM JAHR MIT 13 MONDEN“
: Verblüffende Präzision

Ein Mann will geliebt werden. Und lässt sich aus Liebe zu einem Mann zur Frau umoperieren. Allerdings nützt das nichts, ihre Liebe bleibt unerwidert. Diese Sehnsucht, die in einer brutalen Gesellschaft eine Suche nach Lebenssinn ist, treibt die Transsexuelle Elvira Weisshaupt in die Arme von Zuhältern, schließlich in Verzweiflung und Tod.

Auch wenn Rainer Werner Fassbinders Film „In einem Jahr mit 13 Monden“ aus dem Jahre 1978 sein persönlichster gewesen sein mag, die Geschichte sagt präzise etwas Allgemeingültiges über das Verhältnis von Individuum und moderner Gesellschaft aus. Ausgerechnet eine Nonne erklärt, kein Mensch mache sein Leben selbst kaputt. „Das macht die Ordnung, die die Menschen für sich geschaffen haben.“

Alice Buddeberg hat die Geschichte der nach Liebe suchenden Elvira in einer an Fassbinder anknüpfenden Drastik im Schauspielhaus inszeniert, mit bisweilen derben Szenen, kontrastiert mit grotesker Komik. Nicht zuletzt verleiht Alexander Swoboda dieser zerstörten Existenz eine berührende Persönlichkeit, die zugleich Individualität und Allgemeingültigkeit des Schicksals als gesellschaftlich produziert plausibel macht.

Sonntag, 18.30 Uhr, Mittwoch, 20 Uhr, Neues Schauspielhaus