Bierhoffs Bilanz-PK

Der Manager der Nationalmannschaft nutzt den Aufgalopp zum EM-Qualifikationsspiel gegen Tschechien, um Werbung zu machen – ein wenig für die Fußballelite des Landes, ganz viel für Nike

„Wir machen ja viele taktische Sachen im Training“

AUS FRANKFURT ANDREAS RÜTTENAUER

Stolz sind sie beim Deutschen Fußballbund, stolz darauf, dass sie so beliebt sind. Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, grinst sein schönstes Businessgrinsen. Die großen Firmen dieser Welt, sie klopfen an beim DFB und schütten ihr Füllhorn über den deutschen Fußball aus. Gerade wurde ein neuer Vertrag mit einem Fastfood-Riesen abgeschlossen. Wer bei der Pressekonferenz zwei Tage vorm Qualifikationsspiel gegen Tschechien (Samstag, 20.45 Uhr/ARD) erwartet hatte, Antworten auf Fragen nach der Taktik, nach der Vorbereitung auf die Begegnung zu erhalten, der musste sich verwundert die Augen reiben. Es ging ums Geschäft. Als Bierhoff das Stichwort Adidas aufschnappte, legte er richtig los. Nach dem Ausrüstervertrag mit dem Sportartikelhersteller wurde gefragt, über dessen Laufzeit demnächst ein Schiedsgericht urteilen wird. Während der Sportartikelhersteller davon ausgeht, dass der laufende Kontrakt per Handschlag verlängert wurde, liebäugelt der DFB damit, schon bald mit dem US-Giganten Nike einen weitaus lukrativeren Verrat abschließen zu können. Bierhoff legte sich mächtig ins Zeug für die Amerikaner, bei denen er bis zu seiner Anstellung beim DFB selbst unter Vertrag stand.

„Mutig“ findet er den DFB, allen voran Theo Zwanziger. „Sie hätten es sich auch leicht machen können“, sagte er. Doch Zwanziger, der DFB-Präsident, handle „treuhänderisch“ für zigtausende Vereine dieses Landes, die alle von dem neuen Vertrag profitieren würden. „Das Geld bekommt ja nicht Herr Zwanziger“, so Bierhoff. Nein, es würden 500 Millionen Euro über den DFB ausgeschüttet, und er sei einfach glücklich, dass es Firmen gebe, die bereit seien, so viel Geld in den deutschen Fußball zu investieren. Kein einziges Mal nahm Bierhoff den Firmennamen Nike in den Mund. Seine Botschaft kam dennoch an. Er mag sie immer noch, die Firma, für die er einst unterwegs war. Er sprach, als würde er ihr noch einen Gefallen schulden.

Über das Geschäftliche kam dann doch noch die Rede auf den Sport. Denn es waren die Erfolge der Nationalmannschaft im vergangenen Jahr, die dazu geführt haben, dass sie als Werbeträger so gefragt ist. Da ist es vielleicht sogar ein wenig ärgerlich, dass der Kontrakt mit dem großen, schwäbischen Automobilhersteller, der nicht, wie irrtümlich gemeldet 2008, sondern erst in fünf Jahren enden wird. Bierhoff versicherte, dass man sehr zufrieden sei mit der Zusammenarbeit und dass sich die Spieler immer freuen, wenn sie die schönen Autos fahren dürfen.

Ach ja, die Spieler. Die gibt es ja auch noch. Lukas Podolski und Torsten Frings saßen neben dem Manager und hörten sich geduldig an, was der zu sagen hatte. Schlussendlich gaben sie noch ein paar Auskünfte zum Stand der Vorbereitung auf das Spiel am Samstag.

„Wir machen ja viele taktische Sachen im Training“, sagte Lukas Podolski, der ganz zuversichtlich ist, was die Zusammenarbeit mit seinem neuen Sturmpartner Kevin Kuranyi betrifft. Es sei zwar schade, dass der angeschlagene und insgesamt doch arg kriselnde Miroslav Klose nicht dabei sei, „aber jeder ist zu ersetzen“. In der Tat ist es Joachim Löw, dem Bundestrainer, in seiner Amtszeit meist gelungen, fehlende Spieler, auch solche, die bei der WM zu Schlüsselspielern geworden waren, angemessen zu ersetzen. „Wir haben eine gute Mannschaft“, sagten sowohl Frings als auch Podolski, so als hätte man ihnen den Satz auf einen Spickzettel geschrieben. Er spiegelt das Löw’sche Denken wider. Die Deutschen sollen das Spiel machen, sich nicht das des Gegners aufzwingen lassen. Bei den Fußballern ist die Philosophie angekommen, sie wird so formuliert: „Wir fahren mit breiter Brust nach Prag.“ Auch diesen Satz sagten beide Spieler.

Auf ihrer Brust tragen die Spieler in diesen Frankfurter Vorbereitungstagen ein T-Shirt mit dicken roten Buchstaben vorne drauf. „Gewalt hat keine Fans“, steht darauf. Ganz zu stimmen scheint dies indes nicht. Tschechische und deutsche Behörden rechnen damit, dass etwa 1.000 Krawallmacher sich auf den Weg nach Tschechien machen. Ausschreitungen, wie es sie zuletzt beim Qualifikationsspiel in der Slowakei gegeben hat, befürchtet der DFB indes nicht. Das Spiel im Sparta-Stadion ist ausverkauft, Hooligans bleiben wohl draußen. Es wäre auch zu schade, wenn wieder ein schlechtes Licht auf einen DFB-Auftritt fallen würde. Die Geschäfte laufen doch gerade so gut.