740 Tote durch Wetterextreme in Guatemala

Arme Länder trifft der Klimawandel am härtesten, ergibt der Klima-Risiko-Index. Deutschland kommt glimpflich davon

BERLIN taz ■ Unter dem Himmel sind wir alle gleich? Von wegen: Unter den Folgen des Klimawandels leiden bestimmte Regionen der Welt besonders stark. In Entwicklungsländern sterben sehr viel mehr Menschen bei Stürmen und Überschwemmungen als in den Industriestaaten. Auch die volkswirtschaftlichen Schäden durch Wetterextreme sind in den ärmeren Ländern größer. Das ergibt der aktuelle Klima-Risiko-Index, den unter anderem die Entwicklungsorganisation Germanwatch gestern vorgestellt hat.

Der Index bildet eine Rangfolge der Länder, die von Wetterextremen betroffen sind. Die Experten der Versicherungsgesellschaft Münchener Rück lieferten die Datenbasis. Nach der Rechnung ist die Betroffenheit eines Landes umso höher, je mehr Todesopfer es insgesamt und gemessen an der Gesamtbevölkerung gibt. Auch die Kosten für den einzelnen Staat fließen ein.

Das mittelamerikanische Guatemala hat es im Jahr 2005, worauf sich der aktuelle Index bezieht, am härtesten getroffen. Unter anderem durch Stürme und Schlammlawinen kamen demnach 740 Menschen ums Leben – rund zehnmal so viele wie im Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Dass gerade die reichen USA auf Platz zwei folgen, hängt mit der damals heftigen Hurrikan-Saison zusammen. Dahinter folgen die Staaten Rumänien, Indien, Vietnam, Haiti, Honduras, China, Bulgarien und Mexiko in der Liste der „Down10“. Deutschland liegt auf Platz 37.

Dass sich die einzelnen Werte von Jahr zu Jahr stark verändern können, ist für Germanwatch kein Manko: „Sie sagen nicht aus, dass ein bestimmtes Land grundsätzlich vom Klimawandel mehr belastet ist als ein anderes“, sagt Sven Harmeling, bei der Organisation zuständig für Klima und Entwicklung. Der Index könne aber darüber informieren, dass schlecht entwickelte Länder am härtesten vom Klimawandel getroffen werden, den überwiegend die Industrien der reichen Länder erzeugen. Das zeige die langfristige Entwicklung, so Harmeling. Kein Zufall sei es, dass von 1996 bis 2005 in Honduras, Bangladesch und Nicaragua Wetterextreme im Durchschnitt am meisten Todesopfer und Geld für den Wiederaufbau gefordert haben. Das erste Industrieland in der Liste ist Frankreich auf dem neunten Rang.

Für Sarah Reinke von der Gesellschaft für bedrohte Völker sind die Folgen für viele indigene Gruppen der stark belasteten Regionen „gleichbedeutend mit Menschenrechtsverletzungen“. Diese Länder müssten stärker von den Industrienationen unterstützt werden, um sich besser auf Katastrophen vorbereiten zu können. Ziel sei es, zu einer Verbesserung der deutschen Entwicklungspolitik zu kommen.

MORITZ SCHRÖDER