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WIEDERHOLUNGEN SIND SCHÖN, SO WIE ÜBERSCHNEIDUNGEN UND ZUFÄLLEDie eine kommt nicht, die andere auch nicht

Ausgehen und rumstehen

RENÉ HAMANN

Sie kam nicht. Klar kam sie nicht, so läuft das Leben eben nicht, dass man sich was wünscht und die Wunscherfüllung kommt punktgenau um die Ecke. Die andere kam aber auch nicht. Stattdessen war natürlich die dritte da, also eine, die ihrerseits irgendwas will, und sei es nur ein Plausch über Intimrasur. Was dann aber nicht geht.

Lässt sich sogar erklären: Das ist wie damals, als man noch Kind war. Und irgendwo abgesetzt wartete, bis Mama einen wieder abholen kam. Dass Tante oder Mutter von Freund auch nett war und sich alle Mühe gab, zählte nicht. Kind dachte: Die ist nicht meine Mutter. Also, was will die? Sie ist nur eine Wunschstörerin am Erwartungsort, mehr nicht.

Also, das Wunschobjekt kam nicht, und das vielleicht neue, das neulich so geguckt hat, auch nicht, also müsste man sich wiederum nach neuen Alternativen umschauen, das ging dann aber ebenfalls nicht. Was ging, war freundschaftliches Biertrinken mit Exfreundin.

Dafür aufgesucht wurde eine dieser neuen Kneipen im Bezirk Neukölln. Also eine von diesen umgearbeiteten Altkneipen mit demselben Mobiliar und eigentlich so gut wie keiner Renovierungsinvestition, dafür mit komplettem Leute- und Machtwechsel. Obwohl das „Holz und Kohlen“ tatsächlich den Charme des Unprätentiösen atmet. Allerdings weder ein und aus. Eine Belüftungsanlage wäre nämlich auch ganz schön – das Fehlen derselben macht sich nach aktiv gerauchten zehn und passiv gerauchten vierzig Zigaretten sehr bemerkbar. An der Theke saß ein Pärchen in Phase II, also während der Annäherung. Es war noch nichts passiert. Es gab noch keine Berührungen. Beide waren jung, er war der Typ deutscher Indierockhörer, unrasiert, aber nett, und mit irgendeinem anständigen Hintergrund und noch anständigerem Studium. Sie sah aus wie Sabrina. Also die mit dem Hit „Boys“. Und zwar bis in die modischen Feinheiten hinein: Ringelpulli, ausgebleichte Jeans, Socken, die nicht zu den Schühchen passten, dazu eine leicht wirre, ausgewachsene Frisur. Nach ungefähr einer Stunde fassten die beiden sich an. Danach wurde erst sanft, dann verwegener geknutscht. Irgendwann waren sie verschwunden.

Warum das überhaupt erwähnenswert ist? Weiß ich auch nicht. Vielleicht weil es so typisch war. Das italienische Fräulein haben wir jedenfalls am nächsten Tag auf der Admiralbrücke wieder gesehen. Da saß sie dann mit einer Freundin. Dann kam ein Anruf. Das war wohl er.

Wiederholungen sind überhaupt schön. Überschneidungen. Zufälle, die keine sind, weil die Bahnen dichter, die Pfade ausgetretener werden. Während ich am Sonntag wieder im Lieblingscafé saß – sie kam nicht, die andere auch nicht –, las ich Iris Hanika, „Treffen sich zwei“. Das Buch spielt in der unmittelbaren Nachbarschaft, was schön und witzig ist, insgesamt ist es aber leider nicht so gut. Es ist ein bisschen wie „Beim nächsten Mann wird alles anders“, nur irgendwie in vermeintlich schlau.

Frau Hanika, die ich nicht persönlich kenne, deren frühe Texte ich aber sehr mag, schaute nicht zufällig vorbei, aber am Tag zuvor hatte ich hier Herrn Peltzer gesehen, „Teil der Lösung“, Sie wissen schon. Erzählen möchte ich noch die Geschichte mit Katharina Wackernagel. Die war mal wieder im Tagesspiegel abgebildet. Als ich in Prenzlauer Berg wohnte, las ich einmal ein Interview mit ihr, während ich in einem Café in der Kastanienallee saß, und aus den Augenwinkeln eine braunhaarige Frau am Nebentisch beobachtete. Ich dachte, irgendwo habe ich die Frau schon mal gesehen. Als ich wieder zurück auf die Zeitung guckte, wurde mir klar, wo.

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