Finanzspritze für die Bezirke

HAUSHALT Finanzsenator Nußbaum schießt den Bezirken 170 Millionen Euro zusätzlich zu. Er fordert aber gleichzeitig, Verwaltungsabläufe weiter zu straffen. Die Bezirke sagen: Mehr geht nicht mehr

Im Ton möchte sich Finanzsenator Ulrich Nußbaum schon deutlich von seinem Vorgänger abheben. „Bezirke-Bashing wird es hier nicht geben“, wehrte der parteilose Politiker am Montag Versuche eines Journalisten ab, die vorgelegten Daten doch bitte „etwas politischer“ zu bewerten. In der Sache – also den Haushaltszahlen für die Bezirke – schlägt sich diese Freundlichkeit nicht nieder: Nußbaum sieht weiteres Sparpotenzial in der Verwaltung. Die Bezirke kontern, mit so wenig Personal sei den wachsenden Aufgaben nicht gerecht zu werden. Mehr knapsen gehe erst recht nicht.

Knapp 5,9 Milliarden Euro haben die Bezirke 2010 vom Land erhalten. Gut 170 Millionen Euro davon gibt es nachträglich für Posten, die so nicht absehbar waren. So beschloss der Senat, dass die Bezirke insgesamt 78,1 Millionen Euro mehr für den Bereich Kita und Tagespflege, 41,7 Millionen Euro mehr für die Grundsicherung im Alter und knapp 30 Millionen Euro mehr für Hilfen zur Erziehung bekommen. „Wir gleichen fehlende Mittel aus, ohne dass Leistungsanreize, sich selbst zu helfen, verwischt werden“, so Nußbaum.

Insgesamt schlossen die zwölf Bezirke mit einem Überschuss von 5,6 Millionen Euro ab. Die Lage in den einzelnen Bezirken hängt indes von spezifischen Faktoren ab: Mitte etwa profitierte im vergangenen Jahr von Erschließungsbeiträgen von Großprojekten wie am Leipziger Platz. Damit konnte der Bezirk seine Schulden deutlich verringern. Lichtenberg wirtschaftet nach Ansicht des Senators besonders gut – von mehr als 16 Millionen Euro Minus vor einigen Jahren sei der Bezirk dank konsequenten Sparens in der Verwaltung ins Plus gewandert, so Nußbaum.

Kein Geld für Investitionen

Am tiefsten in den Miesen steht nach wie vor Pankow mit einem Minus von 28,7 Millionen Euro. Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) verwies darauf, dass es sich vorwiegend um Altschulden handele. „Wir sind froh, wenn wir den Berg nicht vergrößern.“ Überschüsse zu erwirtschaften sei schwierig, da die Fallzahlen im Sozialbereich – etwa bei der Hilfe für Jugendliche – stetig stiegen. „Noch mehr Straffen zu fordern, finde ich abenteuerlich“, so Köhne. Eigentlich müsste man Personal einstellen, um den Bedarf zu decken. Seine Kollegin aus Charlottenburg-Wilmersdorf, Monika Thiemen (ebenfalls SPD), sieht auch keine Möglichkeiten mehr, bestimmte Dienstleistungen auszulagern. „Dafür müssten wir Geld in die Hand nehmen – das haben wir nicht“, so Thiemen.

Die CDU-Fraktion schreibt dem Senat eine Mitschuld an der Bezirksfinanzmisere zu. Die Mittelverteilung sei lange willkürlich erfolgt, Nußbaum praktiziere eine „Haushaltspolitik nach Gutsherrenart“. KRISTINA PEZZEI