SPD wählt und quält sich
: Roter Humor

Sozialdemokraten können schon ulkig sein. Sie feiern bis zum Umfallen ein bis dato kaum in Erscheinung getretenes Parteimitglied als neuen Hoffnungsträger und watschen in Ungnade Gefallene mitleidlos ab. Rationale Gründe gibt es für beides nicht.

KOMMENTAR VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die Jubelarie für Michael Naumann, die Hamburgs SPD jetzt aufführt, ist eine Mischung aus Erleichterung und Scheinheiligkeit. Naumann ist, gewiss, ein präsentabler und integrer Kandidat, und die Hoffnung ist nicht unberechtigt, dass er ein harter Gegner für Bürgermeister Ole von Beust sein wird. Seine Chancen, in einem Jahr Regierungschef einer rot-grünen Koalition zu sein, sind so schlecht nicht.

Wenn denn, und das ist das Vordringliche, der Kandidat und die Partei in den nächsten Monaten zusammenfinden. Bislang ist Naumann für weite Teile der SPD nur ein gefühlter Mehrheitsbeschaffer. Der Weg aber ist kurz vom Hosianna zur Kreuzigung.

Geschlachtet wurde aber erst mal Johannes Kahrs. Ein Opfer brauchte die geschundene Parteiseele, und dafür bot sich der machtfixierte und unbeliebte Fürst vom rechten Flügel an. Politisch klug aber ist es nicht, diesen nicht kleinen Teil der Partei auszugrenzen. Wiedervereinigung sieht anders aus.

Die GenossInnen in Schleswig-Holstein sind da ein wenig pragmatischer. Küren sie eben schulterzuckend den, der sich und sie zurück an die Macht bringen will. Weil kein anderer da ist und weil das Risiko überschaubar ist. Wenn Ralf Stegner es schafft, ist gut, wenn nicht, ist es kein Beinbruch. So richtig geliebt haben sie ihn ja eh nie.

Sozialdemokraten haben, so will es scheinen, bisweilen einen speziellen – roten – Humor.