Wolf Biermann bedankt sich

Der Liedermacher Wolf Biermann erhält heute die lange umstrittene Ehrenbürgerschaft. Das hält ihn nicht ab, vorher Rot-Rot anzupöbeln: Es sei „verbrecherisch“, dass „die SPD mit der PDS ins Bett geht“

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Bei der heutigen Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den Dichter und Liedermacher Wolf Biermann könnte es zu einem Eklat kommen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Abgeordnete der rot-roten Koalition zeigten sich gestern bestürzt und irritiert über die am Wochenende von Biermann gemachten Aussagen über die Berliner Landesregierung. Mitglieder aus Reihen der Opposition forderten dagegen den Senat auf, sich mit der Biermann-Kritik auseinanderzusetzen. Der Dichter selbst goss noch Öl ins Feuer: Über seine Dankesrede heute im Roten Rathaus wolle er nichts verraten. „Ich stehle mir doch nicht selbst die Show“, sagte Biermann.

Wolf Biermann, der nach monatelangem Tauziehen nun für seine Verdienste um die Stadt und seinen Kampf für Demokratie geehrt wird, hatte in der Wochenendausgabe der Leipziger Volkszeitung gesagt, es sei „verbrecherisch“, dass die Berliner SPD mit der PDS „ins Bett geht“. Die rot-rote Koalition stehe zudem vor dem Ende. Einen langen Bestand habe für ihn diese politische Ehe nicht mehr.

Nach Ansicht von Klaus Wowereit „kommentieren sich die Aussagen Biermanns selbst“. Er wolle sich in seiner Laudatio aber dazu „ausführlich äußern“, sagte er gestern. Michael Müller, SPD-Fraktionschef im Landesparlament, wies Biermanns Äußerungen als polemisch zurück. Laut Müller sei es geradezu „peinlich“, wie Biermann sich „im Ton vergreift“. Das sei kein guter Stil im Vorfeld der Würdigung. Dem pflichtete Brigitte Lange, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, bei. Lange sagte zur taz, sie glaube, dass Biermann sich vor der Auszeichnung „ganz bewusst so scharf geäußert hat, um Berlin weiter zu „provozieren“. Dies halte sie für „unerträglich“.

Der SPD-Bundestagsangehörige Gunter Weißgerber, einer der Unterstützer von Biermanns Ehrenbürgerschaft, stimmte ein in den Chor der harschen Kritiker. Er, Weißgerber, sei zwar gegen eine Koalition seiner Partei mit der PDS. „Aber die Koalition in Berlin ist demokratisch zustande gekommen. Biermann ist schief gewickelt, wenn er das als verbrecherisch bezeichnet.“ Der PDS-Landesvorsitzende Lederer sagte an die Adresse Biermanns, dieser solle doch einmal darüber nachdenken, wer ihm die Auszeichnung am heutigen Montag verleihe.

Die Linkspartei.PDS sowie die SPD inklusive des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit hatten lange beim Thema Ehrenbürgerschaft für Biermann gezögert. Gegen die Initiative von Uwe Lehmann-Brauns (CDU), dem Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, hatte Rot-Rot vorgebracht, der 1976 aus der DDR ausgebürgerte Biermann habe die SPD-PDS-Koalition schon 2001 beschimpft und den Irakkrieg befürwortet. Die SPD stimmte im Januar 2007 dann doch mit der Opposition für die Biermann-Würde. Die PDS enthielt sich der Zustimmung.

Lehmann-Brauns sagte, Biermann habe mit seiner Meinung nur sein bekanntes Misstrauen gegenüber Rot-Rot von 2001 wiederholt. Damals habe er die SPD als Steigbügelhalter der PDS abgestraft, so der Fan des 70-jährigen Barden zur taz. Wegen einer Ehrung wie der von heute ändere „Biermann seine Meinung nicht“. Man könne einem wie ihm „jedenfalls keinen Maulkorb verpassen“. Und außerdem: Die Berliner Ehrenbürgerschaft würde nicht vom Senat oder Klaus Wowereit, sondern vom Land verliehen, erinnerte Lehmann-Brauns.