Kiew stimmt Friedensplan zu

UKRAINE-KRISE Ab heute sollen die Waffen schweigen, erklärt die Regierung am Rande des Nato-Gipfels in Wales

„Nur das, was wirklich vor Ort passiert, zählt“

NATO-GENERALSEKRETÄR ANDERS RASMUSSEN

BERLIN afp/dpa/ap | Die ukrainische Regierung will einen mehrstufigen Friedensplan für die Ostukraine unterschreiben, der als ersten Schritt eine Waffenruhe mit den Separatisten vorsieht. Das Abkommen solle beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe im weißrussischen Minsk besiegelt werden, sagte Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag zum Auftakt des Nato-Gipfels im walisischen Newport.

Poroschenko sagte, er werde dem ukrainischen Militär eine Feuerpause auferlegen, „sofern das Treffen der Kontaktgruppe stattfindet“. In ihr sind neben russischen und ukrainischen Regierungsunterhändlern auch die Rebellen und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vertreten. Die Regierungschefs der selbsterklärten „Volksrepubliken“ von Lugansk und Donezk drückten ebenfalls ihre Bereitschaft zu einer Waffenruhe ab Freitag um 14 Uhr aus.

Poroschenko kündigte außerdem eine Erklärung der Nato an, in der bilaterale Militärhilfen der Bündnisstaaten für die Ukraine befürwortet werden sollen. „Das ist genau das, worauf wir gewartet haben“, sagte Poroschenko. Überschattet wurde die verbale Annäherung von heftigen Explosionen am Rand der ukrainischen Hafenstadt Mariupol, wo sich Regierungstruppen nach eigenen Angaben einem Angriff gepanzerter Rebellenfahrzeuge entgegenstemmten.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Mittwoch einen Siebenpunkteplan vorgelegt, der insbesondere einen Rückzug der ukrainischen Truppen aus dem Umfeld der Rebellenhochburgen Donezk und Lugansk vorsieht.

Die ukrainische Regierung lehnte den Vorstoß jedoch umgehend als Täuschungsmanöver Russlands vor dem Nato-Gipfel ab, um drohende EU-Sanktionen abzuwenden, über die bis Freitag entschieden werden soll.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kommentierte Putins „sogenannten Friedensplan“ am Donnerstag mit den Worten: „Nur das, was wirklich vor Ort passiert, zählt.“

Als Reaktion auf „Russlands aggressives Verhalten“ im Ukraine-Konflikt wollte die Nato in Newport einen Aktionsplan beschließen, der nicht nur eine deutlich stärkere Präsenz in ihren osteuropäischen Mitgliedstaaten vorsieht, sondern auch den Aufbau einer als „Speerspitze“ bezeichneten Eingreiftruppe, die innerhalb von zwei bis drei Tagen kampfbereit sein soll.

Nato-Generalsekretär Rasmussen verlangte in Newport, dass Russland seine Truppen von der Grenze zur Ukraine abzieht, das Einsickern von Waffen und Kämpfern in das Land stoppt, die Unterstützung von bewaffneten Separatisten einstellt und sich um eine politische Konfliktlösung bemüht.

US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron warfen Russland vor, „mit der illegalen Annexion der Krim und der Entsendung von Truppen auf ukrainisches Gebiet“ die „Regeln verletzt“ und „das Fundament eines souveränen Staates untergraben“ zu haben.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow warnte die Ukraine vor einem Nato-Beitritt und Ende ihres blockfreien Status.

Während des Gipfels erklärte sich die Nato bereit, Hilfe für den Irak im Kampf gegen die Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) zu prüfen. Die Dschihadisten verschleppten derweil Dutzende Zivilisten aus einem Dorf im Nordirak, das sich ihnen widersetzt hatte. CJA