London schickt Militärberater

LIBYEN Großbritannien verstärkt Kooperation mit den Rebellen in Bengasi. Nato beschuldigt Gaddafi-Truppen, von Moscheen und Krankenhäusern aus zu schießen

„Die Bilder aus Misurata sind bestürzend“

GUIDO WESTERWELLE

LONDON/TRIPOLIS dpa/dapd | Großbritanniens Außenminister William Hague hat die Entsendung britischer Militärberater nach Libyen zur Unterstützung der Rebellen angekündigt. Hague sagte am Dienstag in London, erfahrene Offiziere der britischen Streitkräfte sollten britische Diplomaten verstärken, die in der Stadt Bengasi bereits mit den Rebellen kooperierten. Vor allem sollte die Rebellen bei der militärischen Organisation unterstützt und deren Logistik und Kommunikation verbessert werden. Der Außenminister hob hervor, dass den Rebellen keine Waffen geliefert würden.

Unterdessen hat die Nato schwere Vorwürfe gegen die Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi erhoben. Die Soldaten würden sich als Zivilisten verkleidet in der Nähe von Krankenhäusern verstecken, von Moscheedächern schießen und Frauen und Kinder als Schutzschilde missbrauchen, sagte der Kommandeur des Libyen-Einsatzes, General Charles Bouchard, dem kanadischen Fernsehsender CBC. Die Gaddafi-Truppen würden ihre schweren Waffen in Misurata in der Nähe von Krankenhäusern, Schulen und Moscheen aufstellen. Den Nato-Kampfpiloten seien dadurch die Hände gebunden.

Nach libyschen Oppositionsangaben vom Dienstag wurden in den letzten zwei Tagen bei den Angriffen auf Misurata Dutzende Menschen getötet. Im Hafen der Stadt sitzen immer noch mehr als 3.000 afrikanische Gastarbeiter fest, die darauf warten, mit Schiffen internationaler Hilfsorganisationen in Sicherheit gebracht zu werden. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der sich am Dienstag zu einem Besuch in Kairo aufhielt, versprach Hilfe für die drittgrößte libysche Stadt. „Die Bilder aus Misurata sind bestürzend“, sagte Westerwelle. „Wir werden die Menschen, die dort leiden, nicht alleine lassen.“

Nach Zusagen des Regimes in Tripolis sollen UN-Organisationen nun Zugang nach Misurata bekommen, um die humanitäre Lage einzuschätzen und Hilfslieferungen auf den Weg zu bringen. Bislang kann die eingeschlossene Stadt nur über See erreicht werden. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) kann nun auch über Land von Tunesien aus Hilfe für die Menschen im Westen Libyens geleistet werden. Auf ein entsprechendes Abkommen zur Zusammenarbeit habe man sich mit dem libyschen Roten Halbmond geeinigt. Ein erster Konvoi aus acht Lastwagen mit 200 Tonnen Weizen und mehr als neun Tonnen energiereicher Kekse habe am Montag die tunesische Grenze in Richtung Westlibyen überquert. Die Nahrungsmittel sollen in Tripolis und anderen Städten verteilt werden, das umkämpfte Misurata ist allerdings nicht darunter. Mit der Lieferung könnten fast 50.000 Menschen einen Monat lang ernährt werden.

Seit Beginn des Aufstandes gegen das Gaddafi-Regime wurden nach Angaben der Rebellen bereits Zehntausende Menschen getötet oder verletzt. Dies erklärte der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil, am Dienstag in Rom nach einem Treffen mit Außenminister Franco Frattini.