Eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen

Die Schifffahrt stockt und die Folgen der Havarie sind nicht abzusehen. Sie werden aber erheblich sein

Die Postkartenromantik trügt, 80 Prozent aller Rheinauen wurden trockengelegt

BERLIN taz ■ Der Rhein ist eine der am stärksten befahrenen Schifffahrtsrouten der Welt. Mehr als eine Million Container werden jedes Jahr auf seinen 1.324 Kilometer transportiert. 865 Kilometer davon liegen in Deutschland. Nach der Havarie in Köln müssen die Frachter ankern. Bis gestern Nachmittag stauten sich schon 100.

Für uns ist das „unangenehm“, sagt Jörg Rusche vom Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt in Duisburg. Denn: Schiffer, die nach Süden wollten oder von dort kämen, müssten den Rhein an der Unfallstelle passieren. Eine Umfahrung sei nicht möglich. Eigentlich fahren täglich etwa 200 Schiffe an Köln vorbei. Sie liefern Kohle an Kraftwerke, Mineralöl an Raffinerien oder Autos zum Rotterdamer Hafen.

Nach der Straße und der Schiene ist der Rhein der wichtigste Verkehrsweg hierzulande. Im letzten Jahr schipperten die Schiffer 236 Millionen Tonnen Güter über die deutschen Flüsse. Und 80 Prozent davon nahmen sie über den Rhein mit, zumindest ein Stück.

Die 900 Frachtschifffirmen in Deutschland lieferten zumeist „just in time“, sagt Rusche. Die Ladung geht direkt in die Produktion oder den Verkauf – und wird nicht gelagert. So bekommt eine Fabrik ein Problem, wenn Rohstoffe nicht pünktlich ankommen. Die Reeder, so versichert Rusche, bemühten sich aber um „Schadensbegrenzung“. Sie verhandelten mit den Auftraggebern, ob sie ihre Fracht umladen müssen, auf Lastwagen zum Beispiel. Die Kosten will Rusche „nicht abschätzen“. Eine vergleichbare Havarie eines Containerschiffs habe es noch nicht oft gegeben. Die Fahrgastschiffer sind davon weniger betroffen. Die Hauptsaison für Touren entlang von Wiesen, Weinbergen und Burgen beginnt erst Ostern.

Seit langem zieht der Rhein mit seiner Postkartenromantik Touristen an. Dabei hat er mit einem natürlichen Wasserlauf nur noch wenig gemein. „80 Prozent der Rheinauen wurden trockengelegt für Sportplätze, Fabriken oder Wohnhäuser“, sagt Jörn Ehlers vom Umweltverband WWF. Immerhin fühlt sich der Lachs im Rhein wieder wohl. Die Wasserqualität hat sich verbessert. Für Ehlers steht jedoch fest: „Der Rhein ist mehr Gebrauchsgegenstand als Fluss.“ HANNA GERSMANN