LESERINNENBRIEFE
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Im Blick auf die Vergangenheit

■ betr.: „Öcalan sieht nicht mehr so böse aus“, taz vom 4. 9. 14

Das Thema „Aufhebung des PKK-Verbots“ ist in Deutschland und in der taz angekommen. Im Blick auf die Vergangenheit muss man bedenken, dass die PKK einen Guerillakrieg geführt hat. Auch ich konnte die Methoden in den 80er und 90er Jahren nicht gutheißen. Aber ich konnte sie verstehen, nachdem ich einen Film über den Befreiungskampf in Algerien gesehen hatte. Wenn über die Anschläge und Morde der PKK damals gesprochen wurde, blieben die Taten der türkischen Militärs, Konterguerilla usw. meist außen vor. Diese sind bis heute nicht aufgearbeitet.

Öcalan ist jetzt einer der wichtigsten Akteure im Friedensprozess. Der Präsidentschaftskandidat der linken HDP bezeichnete ihn in einem Interview als neuen Anführer des Friedensprozesses. JÜRGEN WESSLING, Hannover

Zuflucht und Hilfe

■ betr.: „SPD fast einig: Waffen für die Kurden“, taz vom 25. 8. 14

Warum werden die Regierungen der USA und Großbritanniens als hauptsächliche Verursacher des gegenwärtigen Desasters eigentlich nicht an ihre historische Verantwortung erinnert? Ihre hochgerüsteten und ultraflexiblen Armeen sollten doch wohl in der Lage sein, Jesiden und andere Unglückliche vor den durchgeknallten Islamisten zu schützen. Jetzt hätten sie einen guten Grund, den Irak noch einmal zu besetzen.

Es wäre daher Aufgabe der Verbündeten, nicht noch mehr Waffen zu liefern, sondern den Unglücklichen, die der Gewalt weichen müssen, so lange Zuflucht und Hilfe zu gewähren, bis sie wieder in ihre Heimat zurückkehren können.

PETER KARRER, Trèves

Die Rolle der Nato

■ betr.: „Nato-Gipfel“, taz vom 5. 9. 14

Die Rolle der Nato, auch mit ihrer Ausdehnung nach Osten, kann man sehr kritisch sehen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Sicher hat das Verhalten von EU und Nato auch einen Teil zur Eskalation beigetragen. Die ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten und Sowjetrepubliken, die heute der Nato angehören, fühlen sich aber bestätigt, mit dem Beitritt alles richtig gemacht zu haben. Für die Länder der ehemaligen UdSSR scheinen mehr oder weniger große und nicht integrierte russische Minderheiten ein Problem zu sein, da Putin sich im Falle von innerstaatlichen Konflikten immer darauf berufen kann, diese schützen zu wollen. Ob diese Angst nun berechtigt ist oder nicht, darüber kann man diskutieren.

MARKUS MEISTER, Kassel

Zeit für Paradigmenwechsel

■ betr.: „Press-Schlag. Rasche Russifizierung“, taz vom 5. 9. 14

Geld regiert die Welt, menschliches Fairplay wird dort gewährt, wo es bezahlbar ist. Selbst der allerorten heißgeliebte König Fußball bleibt nur Mittel zum Zweck. Gut gedeckt unter dem völkerverbindenden Tun um das runde Leder, erfolgt das Sedieren des gemeinen, emotionalen Volkes, obligate Pokale und anbetungswürdige Trophäen werden den vermeintlichen Siegern gereicht, doch die wahren Krönungsmessen feiern die „Immer-Reicheren und Immer-Mächtigeren“ unter sich. Und weil die Schere zwischen dem Eigentlichen und dem Tatsächlichen – mit den Termen Wahrheit und Wirklichkeit kann ohnehin niemand mehr etwas anfangen – immer weiter auseinandergeht, braucht es eine immer ausgefeiltere Rhetorik der Machthabenden, um inneren Werteverfall und -verlust nach außen hin zu kompensieren.

Schauen wir mal, wem was wann noch zu dem für das Jahr 2022 vorgesehenen sportlichen Hochevent in Katar einfällt. Zeit für einen Paradigmenwechsel wäre (es) allemal.

MATTHAIS BARTSCH,

Lichtenau-Herbram