Die Mehrheit blieb zu Hause

LANDTAGSWAHL IN SACHSEN Nur etwa 48,5 Prozent aller Wahlberechtigten in Sachsen gingen zur Wahl. Die CDU blieb stärkste Partei, muss sich aber eine neue Koalitionspartnerin suchen. Die FDP flog raus, die AfD zieht in den sächsischen Landtag ein

■ betr.: „Sachsen. Deutschlands rechter Rand“, taz vom 1. 9. 14

Die AfD wird, wie die Piratenpartei, eine Eintagsfliege werden: Wer nur „heiße Luft“ und „Rechtspopulismus“ zu bieten hat, aber keine realistischen Antworten für unsere Gegenwart und Zukunft vorweisen kann, der wird einmalig zur „Protestpartei“. Schnell werden die AfD-WählerInnen merken, wen sie da gewählt haben.

Erfreulicherweise erhielten die FDP und die NPD die verdiente Quittung. Beide Parteien sind in bundesdeutschen Parlamenten überflüssig. KLAUS JÜRGEN LEWIN, Bremen

■ betr: „In rechter Bedrängnis“, taz.de vom 1. 9. 14

O-Ton CDU: Diesen Protest müsse man „dadurch auflösen, dass wir als Union, als CDU die Themen ansprechen und lösen, die die Menschen vor Ort bewegen“. Was hier codiert ausgesprochen wird, ist doch klar und die eigentliche Gefahr. Zur Erinnerung: Überall dort, wo rechtspopulistische oder offen rechtsradikale Parteien in Europa „Volkes Stimme“ erhoben und immer wieder erheben, also gegen Migranten oder Schwule, gegen Gleichstellung, gegen alle zivilisatorischen Errungenschaften, die auch aufgeklärte Konservative über die Jahrzehnte mühsam akzeptiert haben, überall dort haben es die dort etablierten Konservativen stets versucht, sich wieder nach rechts zu öffnen, wenn sie von dort unter Druck gerieten (siehe CSU im Europawahlkampf). Es wird nicht gegengehalten gegen reaktionäres und menschenfeindliches Gedankengut, sondern versucht, mit platten Sprüchen „rechts“ wieder einzukassieren oder, und da wird’s noch gefährlicher, qua Regierungshandeln werden antiliberale Law-and-Order-Gesetze durchgepaukt (siehe letzte Woche das beschämende Gesetz, bei dem die SPD von der CSU/CDU am Nasenring vorgeführt wurde): Die CSU hat durchgesetzt, dass EU-Sozialbetrügern künftig Sanktionen drohen. Dabei gibt es gar keine belastbaren Belege dafür, dass es hier überhaupt Missbrauch gibt. Das hat die Bundesregierung jetzt selbst eingeräumt. Rechten Populisten ist das natürlich nie genug, und so treiben sie gerne die Konservativen vor sich her. Rechtslastige Wähler wählen trotzdem das Original, also noch mehr AfD, Front National, FPÖ, Dänische Volkspartei und Geert Wilders’ PVV. DANIEL L, taz.de

■ betr: „In rechter Bedrängnis“, taz.de vom 1. 9. 14

Wer sagt eigentlich, dass die CDU/CSU da wirklich Angst vor hat oder sich Sorgen machen würde, von rechts (und damit auch nach rechts) getrieben zu werden? Im Gegensatz zu den Parteien, die wirklich auch dem Export schaden würden, wie der FN oder die PVV, sind die AfDler doch nur irgendwie eine im Wirtschaftspolitischen stark auf EU und sogar noch auf den Euro fixierte Partei. In dem Programm wird auch ausdrücklich gefordert, den Euro nicht sofort zu verlassen. Aufgabe der AfD scheint es zu sein, nicht irgendwelche wirtschaftlichen Elemente zu verändern, sondern eben weniger liberales Denken durchzusetzen. Das dürfte einigen in der CDU/CSU (und auch in der SPD) sogar ganz gut gefallen. Das Problem ist auch gar nicht die AfD. Das Problem heißt Sachsen, in dem nur die Hälfte der Menschen sich für Wahlen interessiert und davon noch 15 Prozent die CDU zu links ist. AGE KRÜGER, taz.de

■ betr.: „FDP. Bye-bye again“, taz.de vom 1. 9. 14

Immerhin kommt damit Bewegung in die Parteienlandschaft, der natürliche Koalitionspartner der CDU ist weg, ergo müssen die sich dauerhaft einen neuen suchen, entweder SPD oder die Grünen, was wiederum die SPD verärgern wird.

Da Schwarz-Grün schwierig ist (siehe Hamburg) und die große Koalition eigentlich keiner will, gibt es eigentlich nur noch Rot-Dunkelrot-Grün oder CDU/CSU/AfD. Da beides derzeit Tabu ist, bleibt abzuwarten, welches Lager es als Erstes brechen wird. Dann werden die anderen dieses als Vorwand nehmen, es ebenso zu machen.

OMEG, taz.de

■ betr.: „FDP. Bye-bye again“, taz.de vom 1. 9. 14

Die FDP hat nur ein einziges Kernthema: Steuersenkungen für Reiche und Unternehmer. Das bedeutet, dass der unteren Mittelklasse praktisch alle Rechnungen ins Haus flattern. Dass so ein Politikkonzept immer deutlicher in Deutschland auf Ablehnung stößt, wundert mich nicht. Die FDP wollte diese Politik, und so ist auch die ganze Partei geworden. Wer soll warum FDP wählen? Die Reichen, die Steuern sparen wollen oder gar nicht erst zahlen wollen, das ist die Kernzielgruppe der Partei. Davon leben in Sachsen anscheinend zu wenige, denn bei 50 Prozent Beteiligung hätte die FDP doch Chancen haben müssen. ANDREAS_2020, taz.de

■ betr.: „Demokratie ohne Sauerstoff“, taz.de vom 31. 8. 14

Den Erfolg der AfD bloß der sächsischen Rechtslastigkeit zuzuschreiben, ist nicht ganz richtig.

Die AfD reitet vorwärts auf jeder Schlagzeile, die sich mit Zuwanderung und Eurokrise beschäftigt. Dem nicht unerheblichen Anteil der Personen, die die Meinung vertreten: „Wir zahlen eh für alles und alle“, wird hier mit dem glatten Lucke eine semiintellektuelle (= wählbare) Alternative geboten. Ihre Wähler findet diese Partei nicht nur unter den Nationalkonservativen, sondern überall, wo die Unzufriedenheit den oben genannten Faktoren zugeschrieben wird.

Die AfD verhüllt ihr neoliberales Wirtschaftsprofil mit dem Anti-Euro-Image und schafft es anscheinend, die Menschen anzuziehen, die mit den wirtschaftspolitischen Vorstellungen eines Lucke oder Henckel nicht viel gemeinsam haben oder es noch nicht wissen.

Die Schuldigen kann man unter den politisch Verantwortlichen der letzten 20 Jahre suchen, die durch ihre verfehlte, umverteilungsorientierte (von unten nach oben natürlich) und teils korrupte (Riester, Clement und viele mehr) Politik ein latentes Gefühl des Zukurzkommens in breiten Bevölkerungsschichten ausgelöst haben. Die daraus resultierende Unzufriedenheit richtet sich zum Beispiel nicht gegen die halbierten Körperschaftssteuersätze (wer versteht das schon), sondern gegen die griffigen Themen wie „Euro“, „Zuwanderung in Sozialsysteme“ etc.

JAROSLAW MAJCHRZYK, taz.de

■ betr.: „Demokratie ohne Sauerstoff“, taz.de vom 31. 8. 14

Wenn man der CDU eine bräsige Machtgewohnheit unterstellt, dann sollte dieser Vorwurf eigentlich alle Parteien gleichermaßen treffen. Die AfD ist die deutsche Tea Party, der selbst erklärte Gegenentwurf zur stromlinienförmig vor sich hinwabernden Funktionärsaristokratie der etablierten Parteien.

Ihr Erfolg sollte allen zu denken geben, von den selbstgefällig grinsenden Merkel-Lakaien im Konrad-Adenauer-Haus über die alles besser wissende Grünen-Elite und den lobbygetränkten Brüsseler Cocktail-Circuit bis zu jenen Wein trinkenden Wasserpredigern im geistigen Umfeld des „Palastes der sozialen Gerechtigkeit“.

NORMALO, taz.de