Die großen nuklearen Katastrophen

ATOM Von Bomben und Brennstoffketten – Chronik des Schreckens

Tschernobyl ist die größte Katastrophe der Industriegeschichte und wird es hoffentlich auch bleiben. Doch die Energie der Atomkerne ist etwa eine Million Mal stärker als die des üblichen Feuers und hat deshalb immer wieder unerwartete Schäden angerichtet. Was genau 1986 in Tschernobyl passiert ist und wie viele Menschen vor Ort als Liquidatoren eingesetzt waren, wird nach wie vor in Moskau geheim gehalten. Die Zahl der Liquidatoren liegt zwischen einer halben und einer ganzen Million Menschen.

Laut der Atomenergieagentur IAEO sind nur 62 Strahlentote nachgewiesen. Nach unabhängigen Berechnungen sind es jedoch mehrere hunderttausend bisher. Dabei sind es nicht nur Krebsfälle, die Tschernobyl-Opfer zu beklagen hatten; die Haupttodesursache sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese werden unter anderem auf das radioaktive Cäsium im Herzmuskel zurückgeführt.

Vor Tschernobyl waren die Militärs für die größten Katastrophen verantwortlich. Die Bombe von Hiroshima am 6. August 1945 kostete innerhalb eines Jahres die Hälfte der Bevölkerung der Stadt das Leben, nach Schätzungen bis 166.000 Menschen. Bei der zweiten Atombombe auf Nagasaki geht man von 70- bis 90.000 Toten aus.

Die Atombombentests ab 1945 fanden meist oberirdisch statt. Alle Atommächte, nicht nur die Sowjetunion, nutzten in ihren Testgebieten die umliegende Bevölkerung als Versuchskaninchen, hunderttausende Soldaten wurden auf ihre Belastbarkeit in einem Atomkrieg getestet. Weltweit stiegen die Krebsraten – wie viel, ist schwer zu bestimmen.

Auch die Verarbeitung der Brenn- und Bombenstoffe Uran und Plutonium verseuchte und verseucht Umwelt wie Bevölkerung. Am berüchtigtsten ist hier die Wiederaufarbeitungsanlage Majak im Ural in der früheren Geheimstadt Osjorsk bei Kyschtym. Hier explodierte 1957 einer von vielen Tanks mit Atommüll. Etliche Daten unterliegen noch der Geheimhaltung.

Etwa ein Prozent der Strahlenmenge von Tschernobyl sollen freigesetzt worden sein. Mehr als 800 Quadratkilometer wurden dauerhaft verstrahlt und evakuiert. Laut einer offiziellen Studie starben innerhalb der folgenden 32 Jahre 8.015 Menschen an den Strahlenfolgen. REM