Klimadebatte in Eifeler Landluft

Sie atmen die beste Luft Nordrhein-Westfalens – und müssen gleichzeitig besonders viel Abgase in die Atmosphäre blasen. Denn in den Eifeler Städten ist das Netz von Bussen und Bahnen besonders schlecht und der Weg zur Arbeit besonders weit

Die ganze Diskussion um den Klimawandel kann Fatima (54) gut verstehen. Sie hat am eigenen Leib erfahren, was gute und was schlechte Luft ist. „Ich habe Asthma. Deshalb sind wir mit der Familie 1986 von der Stadt in die Eifel gezogen“, sagt sie, während sie den Rollkuchen in die Tüte steckt und Wechselgeld herausgibt. Dafür muss der Sohn jetzt jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit fahren: morgens rund 50 Kilometer hin, abends 50 Kilometer zurück. Das „verpestet“ natürlich die Luft. „Was soll man machen, man muss ja fahren“, sagt die Frau. Bei vielen Nachbarn ist das auch so.

Katastrophen-Szenarien mit Dürre, Hitze, Überschwemmungen, Unwettern, das ist an diesem ganz normalen Morgen im dicksten Berufsverkehr auf der B 258 – auf der Hauptschlagader zwischen Aachen und Monschau – kein vordringliches Thema. Die Leute müssen zur Arbeit. Auf dem Land ist das in der Regel mit Autofahren verbunden, denn die Busse fahren spärlich. Der Auto-Verkehr auf der B 257 zwischen Monschau und Aachen rauscht. In beide Richtungen. Jeden Werktag. „Ich glaube sogar, das ist in der letzten Zeit mehr geworden“, sagt Fatima, die von ihrer Theke auf die Kundschaft und durchs Schaufenster auf den Verkehr guckt.

Davon träumen andere Städte: In Monschau liegt die Arbeitslosenquote bei 5,3 Prozent. Im Rest der Aachener Region ist sie mehr als doppelt so hoch. „Die Eifeler waren schon immer besonders fleißig und besonders mobil“, begründet Bürgermeister Theo Steinröx diesen Umstand. Er schätzt, dass von den 13.000 Einwohnern etwa jeder 5. mit dem Auto zur Arbeit pendelt, auch bis nach Aachen oder Bonn. „Die Monschauer haben verstärkt auf Pendlergemeinschaften umgestellt“, sagt er.

Und die Stadt drehe im Sinne des Klimaschutzes an anderen Stellschrauben. Es gebe beispielsweise ein Energiesparkonzept für die weiterführenden Schulen. Damit sollen jährlich 25.000 Euro Energiekosten eingespart werden – und das fürs Klima schädliche CO2. Schließlich gehöre die Natur mit zum Leitbild der Stadt.

Jochen Tautges (28) verkauft diese „intakte“ Natur und die gute Eifeler Luft. Der Mann arbeitet in der Monschau Touristik. Er kommt aus der Eifel, allerdings aus Prüm in Rheinland-Pfalz. Er fährt morgens 50 Kilometer mit dem Auto und abends die gleiche Strecke noch mal nach Hause. „Mit dem öffentlichen Personennahverkehr bin ich eine Strecke zwei Stunden unterwegs, mit dem Auto 50 Minuten.“

Das Autofahren behagt ihm nicht. Die Klimadebatte hat sein Umwelt-Gewissen noch mal sensibilisiert. Viele Prümer arbeiten in Köln. „Da fährt alle 30 Minuten ein Zug. Das ist was ganz anderes.“ Er werde sich eine Wohnung in Monschau suchen.

Hans Siemons ist mit seiner Linie 82 seit Jahren eine Konstante im Eifeler Busverkehr. In den Stoßzeiten morgens und nachmittags ist der Bus von Monschau nach Aachen voll, man kriegt kaum noch einen Sitzplatz. „Es gibt Leute, die fahren mit dem Bus zur Arbeit, damit sie Zeitung lesen können“, sagt er. Seit zwei Jahren sind es etwas mehr Fahrgäste geworden, hat er beobachtet. Vielleicht waren es die steigenden Benzinkosten, vielleicht spielt auch die Umwelt eine Rolle. Er weiß es nicht so genau.

Die junge Frau an der Tankstelle in Roetgen an der B 258 ist Belgierin. Sie steht an der Kasse. Sie hat es nicht weit von ihrem Wohnort Raeren: ein paar Kilometer über die Grenze. Und trotzdem sind die Menschen ganz anders. „Manchmal übertreiben es die Deutschen auch“, kommentiert sie die ganze Diskussion um Klima, Treibhausgase und persönliche Verantwortung beim Umweltschutz. „Bei uns ist das nicht so ein großes Thema.“ ELKE SILBERER (DPA)