Der Indianer gewinnt nie

Im Kino 46 werden einige Filme vom Stuttgarter „First Nation Festival“ nachgespielt

Es hieß zwar Indianerspielen, aber trotz des schönen Federschmucks wollte jeder normale Junge Cowboy sein. Wir wussten alle, dass die Indianer nie gewinnen konnten: Winnetou war zwar edel, aber so starb er dann ja auch. „Die Amerikaner haben unsere Köpfe kolonisiert“, heißt es in Wim Wenders „Im Lauf der Zeit“, und genau dies taten sie tatsächlich mit all den Western, in denen die Indianer immer den Treck angriffen, und jedes Mal in letzter Sekunde aus der Ferne die Trompete der Kavallerie ertönte, wonach dann plötzlich alle Kugeln aus den Gewehren der Weißen trafen, und die wenigen überlebenden Angreifer sich laut jaulend über die Hügel verzogen. „Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer“ war die Botschaft, und John Ford machte die besten und deshalb auch die schlimmsten von diesen Propagandafilmen. Merkwürdig nur, dass die Navajos ihn zum Stammesmitglied mit dem Namen „Natani Nez“ (Großer Soldat) machten und dem Ort im Monument Valley, von dem aus er die großen Panoramaaufnahmen drehen, den Namen „Ford’s Point“ gaben. Und dies nicht nur, weil er mit seinem letzten Western „Cheyenne Autumn“ eine Wiedergutmachung inszenierte, sondern auch, weil er immerhin in seinen Filmen die Indianer von Indianern spielen ließ. Denn wenn Apachen, Komantschen und Cheyenne tatsächlich mal in tragenden Rollen zu sehen waren, wurden sie ansonsten von Burt Lancaster, Anthony Quinn, Charles Bronson oder (bitte nicht lachen) Rock Hudson verkörpert.

Inzwischen konnten sich indianische Darsteller wie Will Sampson, Chief Dan George und Graham Greene als bekannte Charakterdarsteller durchsetzen, doch es gibt noch keinen Regisseur, der es aus den Reservaten ins Mainstream-Kino geschafft hat. Stattdessen gibt es kleine, unabhängig produzierte Filme von Native-Americans, und von diesen werden einige, einzigartig in Europa, auf dem First Nations Festival in Stuttgart gezeigt. In Kooperation zeigt das Kino 46 eine Woche später eine Auswahl von 6 Filmen. Ergänzt wird das Bremer Programm am Freitagabend durch den Stummfilm „The Last of the Mohicans“ von 1920, der ersten von vielen Adaptionen des Klassikers von James Fenimore Cooper, an der allerdings Ralph und Natasha Friar in ihrer Studie „The Only Good Indian“ streng tadeln, dass darin die „indianischen Gefährten mit Messern in den Zähnen umherspringen wie in Steinzeit-Felle eingekleidete Piraten.“

In dem kanadischen Spielfilm „Indian Summer – The Oka Crises“ von Gil Cardinal wird von einem Konflikt erzählt, der sich 1990 in der frankokanadischen Kleinstadt Oka dramatisch zuspitzte, als die Armee Blockaden der Mohawk-Indianer zerschlug, die den Bau eines Golfplatzes auf ihnen heiligem Boden verhindern wollten. „Edge of America“ von Chris Eyre beschreibt die Abenteuer eines afroamerikanischen Englischlehrers in einer Reservatsschule. „Trespassing“ von Carlos De Menesez ist eine Langzeitdokumentation, in der eindrucksvoll vermittelt wird, wie sich im Laufe von zehn Jahren ein Konflikt um Landrechte entwickelt, bei dem es darum geht, ob Atommüll an Heiligen Stätten der Indianer gelagert werden darf. Der Held der romantisch, schrägen Komödie „Expiration Date“ von Rick Stevenson ist überzeugt davon, genau wie sein Vater und Großvater an seinem 25. Geburtstag zu sterben. „The Velvet Devil“ ist ein Musical, das an eine Showsängerin indianischer Herkunft in den 40er Jahren erinnert und „Muffins für Granny“ ist schließlich ein originelles Portrait der Großmutter der Filmemacherin Nadia McLaren. Wilfried Hippen