LESERINNENBRIEFE
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Helfendes Werkzeug

■ betr.: „Gefährlicher Erfolg“, taz vom 4. 9. 14

Statt sich zu fragen, welche Ziele der Faire Handel tatsächlich verfolgt, ergeht sich der Artikel in Plattitüden, die den Erfolg von fair gehandelten Produkten als Schreckgespenst darstellen. Wenn es nach der taz geht, sollte sich der Faire Handel also dezent zurückziehen, in der Nische verschwinden und: niemanden erreichen – nichts verändern – alles ist gut.

Genau das aber steht im Fokus von Fairtrade: möglichst vielen Kleinbauernorganisationen und Beschäftigten auf Plantagen durch die Instrumente, die uns dazu zur Verfügung, bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen ermöglichen. Diese Instrumente liefern uns die Fairtrade-Standards. Sie fördern die Selbstorganisation und Selbstbestimmung der Organisationen, stärken Demokratie, Partizipation und Gleichberechtigung, fordern Umweltschutz und Biodiversität und bieten über stabile Mindestpreise und Prämien ein Sicherheitsnetz gegen die volatilen Weltmarktpreise. Diese Standards gelten unabhängig von Produkt-Siegel oder Rohstoffprogrammen. Fairtrade International arbeitet in Zusammenarbeit mit den Produzentennetzwerken, Fairtrade-Organisationen und externen Experten kontinuierlich daran, die Standards sich verändernden Situationen vor Ort anzupassen und selbstkritisch und reflektiert die Wirkung von Fairtrade vor Ort in den Organisationen und darüber hinaus auszubauen.

Fairtrade ist nicht das Allheilmittel für die Ungerechtigkeiten des weltweiten Handelssystems. Aber es ist ein Werkzeug, das Kleinbauern und Beschäftigten hilft, ihre Situation schrittweise zu stabilisieren und zu verbessern. Dies scheint in der aktuellen Diskussion vergessen zu werden.

Was meist unerwähnt bleibt. Die Gepa arbeitet weiterhin nach Fairtrade-Standards und lässt sich von Flo Cert zertifizieren. Lediglich das Marketing hat entschieden, das eigene Firmenlogo in den Mittelpunkt seiner Kommunikation zu stellen. CLAUDIA BRÜCK,

stellvertr. Geschäftsführerin Transfair e.V., Köln

Es gab mal eine Lyrik-Seite

■ betr.: „Wer pflegt die Fülle selten gehörter Stimmen?“, taz vom 5. 9. 14

Vielleicht erinnern sich manche noch daran, dass es einmal eine Lyrik-Seite in der taz gab. Ich glaube, einmal im Monat. Ich habe es immer bedauert, dass diese Seite eingestellt wurde.

JOHANNES MAIER, München

Glaube an globale Vernunft fehlt

■ betr.: „Die Suche nach dem Notausgang“, taz vom 4. 9. 14, „Schrumpfen und Spaß dabei“, taz vom 5. 9. 14

Letztlich ist die vorherrschende Wachstumsideologie, konsequent zu Ende gedacht, nichts anderes als ein darwinistischer Krieg, der durchaus als Blaupause der Abläufe in der Biosphäre verstanden werden kann. Auch in der Natur gibt es Wachstum mit einer klaren inneren Logik: Eine Spezies weitet ihren Lebensraum unsentimental und moralfrei aus, bis sie die schwächere, konkurrierende Arten verdrängt hat oder bis sich ein Gleichgewicht in einem abgegrenzten Ökosystem eingestellt hat. Und funktionieren kann das nur, solange geeignete Rahmenbedingungen das Aussterben jener Spezies verhindern, aber bis dahin ist es ein steter Kampf.

Klar ist, dass in unserem abgegrenzten Ökosystem Erde, auch wenn sie so manchem Ökonomen unerschöpflich erscheinen mag, permanentes Wachstum irgendwann an Grenzen stoßen muss. Und deshalb wird der Verteilungskampf, der längst weltweit im Gange ist und den Warren Buffett als den „Krieg Reich gegen Arm“ bezeichnet, mit der Begrenztheit der Ressourcen an darwinistischer Gnadenlosigkeit weiter zunehmen. Ethische Grundsätze im Zusammenleben oder demokratische Werte werden sich in der langen Menschheitsgeschichte dereinst im Rückblick wohl dann als Wimpernschlag-Episode erweisen. Ob dabei der wie gewohnt wirtschaftende Mensch in einem System globaler Interdependenz überleben kann? Zweifel sind angebracht. Denn Grundbedingung für das System des Kapitalismus ist Wachstum, und nur so funktioniert es. Wir müssen die herrschende Wachstumsideologie überwinden, konstatiert deren Kritiker Niko Paech, „entweder by design oder by desaster“. Ich fürchte Letzteres, da mir der Glaube an eine notwendige, globale Vernunft fehlt. KLAUS-ULRICH BLUMENSTOCK,

Stuttgart

Anrückende Probleme

■ betr.: „Opfer ihrer eigenen Werbestrategie“, taz vom 1. 9. 14

Auch die neue EU-Verordnung über die Leistung von zukünftigen Staubsaugern klemmt an der gleichen Stelle wie die der EU-Verordnung über Glühbirnen. Während für Otto Normalverbraucher die Wattangabe die entscheidende Größe (wohl auch durch Werbestrategen) ist, gelten für die Fachfrau die physikalischen Messeinheiten: Lumen für die Punktlichtquellen (Glühbirne) und die von Staubsaugern in Pascal. Erst mal hätten sich großflächig Lumen für Glühbirnen und Pascal für Staubsauger durchsetzen müssen, um dann die davon abgekoppelte Wattanzahl reduzieren zu können. Bei den Geschirrspülern sehe ich das nächste Problem anrollen. Während ich mit mehr Wasser und einem Scheuerschwamm dem schmutzigen Geschirr zu Leibe rücke, verbraucht ein moderner Geschirrspüler mit aggressiven chemischen Produkten weniger Wasser; aber das bisschen Wasser, das verbraucht wird, ist hochgradig belastet.

ARNE MATSCHINSKY, Hamburg