Brüssel enttäuscht bei Ökosteuern

Die EU-Kommission hat kein eigenes Konzept, wie Energieverbrauch in Zeiten des Klimawandels sinnvoll besteuert werden könnte. Nur kosten soll es nichts. Nun sollen die Mitgliedsstaaten einfach von den guten Beispielen ihrer Nachbarländer lernen

An guten Ideen fehlt es nicht, wohl aber am politischen Willen zur Umsetzung

AUS BRÜSSEL DANIELA WEINGÄRTNER

Zwei sichtlich um die Zukunft des Planeten besorgte ältere Herren eröffneten gestern offiziell die Debatte darüber, wie der Staat Anreize für Umweltschutz und sparsamen Umgang mit Energie schaffen kann. Inhaltlich hatten die zuständigen Kommissare László Kovács und Stavros Dimas allerdings wenig beizutragen. Das mit Spannung erwartete Grünbuch zur Energiebesteuerung entpuppte sich als freundliche Empfehlung, von den guten Ideen der Nachbarn zu lernen.

Der für Steuern zuständige Kóvács erinnerte daran, dass sich alle Mitgliedsstaaten beim Frühjahrsgipfel in Brüssel darauf verständigt hatten, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und mehr erneuerbare Energien einzusetzen. „Indirekte Steuern, Abgaben, steuerliche Anreize – marktregulierende Elemente können dazu führen, dass umweltschädliches Verhalten entmutigt wird.“ Statt die Arbeit solle Umweltverschmutzung mit Steuern belegt werden, forderte Kóvács.

Sein Kollege Dimas betonte, Umweltsteuern dürften keine zusätzliche Belastung darstellen, sondern müssten aufkommensneutral sein und in den Umweltschutz fließen. Aus den Mitgliedsländern kämen gute Ideen. So habe Dänemark mit einer Verpackungssteuer und Irland mit einer Steuer auf Plastiktüten gute Erfahrungen gemacht. Ressourcen wie Wasser könnten teurer gemacht oder Umweltkosten wie Luftverschmutzung durch weite Transportwege in die Endpreise eingerechnet werden.

Bis Ende Juli will die Kommission alle guten Ideen sammeln und im Herbst konkrete Vorschläge machen –zum Beispiel, wie die Richtlinie zur Energiebesteuerung überarbeitet werden könnte. Diese Richtlinie, die Mindeststeuersätze für Heizöl, Gas, Kohle und Strom festlegt, war von den Mitgliedsländern nach langem Streit im Oktober 2003 verabschiedet worden. Vor einem Jahr hatte die EU-Kommission Deutschland gerügt, weil es die Mindeststeuer nicht auf sämtliche Energieträger anwendet.

„Die Kommission hat sich lediglich den Mitgliedsländern als Vermittler zur Verfügung gestellt, damit sie voneinander lernen können“, kritisierte John Hontelez, der Generalsekretär des Europäischen Umweltbüros, das neue Grünbuch. Dadurch werde sich nichts ändern. „Viele umweltschädliche Verhaltensweisen werden auch künftig subventioniert, weil sich ihre Umwelteffekte nicht im Preis niederschlagen.“

An guten Ideen – sei es nun eine CO2-basierte Pkw-Steuer, eine EU-weite Straßenbenutzungsgebühr oder eine CO2-Steuer auf Energieträger – fehlt es nicht. Wohl aber am politischen Willen. Schon immer pochten die Mitgliedsstaaten in Steuerfragen auf ihre nationale Souveränität. Änderungen können nur einstimmig beschlossen werden. Würde die EU-Kommission aber wenigstens von ihrem Recht Gebrauch machen, Gesetze vorzuschlagen, müssten die Länder zeigen, wie ernst es ihnen mit ihren Klimazielen ist.