Mal wieder Woche der Wahrheit bei Karstadt

HANDEL Der neue Aufsichtsrat könnte in dieser Woche Filialschließungen befürworten

ESSEN/FRANKFURT/BERLIN dpa/rtr/afp | Neuer Investor, alte Ängste: Für die rund 17.000 Karstadt-Mitarbeiter geht es in dieser Woche mal wieder ums Ganze. Zittern und Bangen um den eigenen Job gehört für die Beschäftigten der angeschlagenen Warenhauskette seit Jahren zur traurigen Routine.

Auch nach dem Einstieg des Tiroler Immobilieninvestors René Benko bleibt das Schicksal des seit Jahren ums Überleben kämpfenden Traditionsunternehmens völlig offen. Mit Spannung wird deshalb an diesem Donnerstag die erste Sitzung des Karstadt-Aufsichtsrats nach dem Eigentümerwechsel erwartet.

30 Warenhäuser bedroht

Die Bild am Sonntag berichtete aktuell unter Berufung auf Insider, 30 der 83 Warenhausfilialen seien von der Schließung bedroht, etwa 3.000 bis 4.000 der insgesamt 17.000 Karstadt-Mitarbeiter wären betroffen. Aufsichtsratschef Stephan Fanderl hatte die Beschäftigten bereits vor knapp zwei Monaten unmissverständlich auf einen harten Sanierungskurs eingestimmt und von einer möglichen Schließung von einem Viertel der Filialen gesprochen.

Doch das würde nach Einschätzung von Aufsichtsratsmitglied Arno Peukes mehrere hundert Millionen Euro kosten. „10 bis 15 Millionen Euro allein für Sozial- und fortlaufende Immobilienverträge“, sagte Peukes dem Tagesspiegel. Das mache bei 20 bis 30 Häusern, die zur Disposition stehen, mindestens 300 Millionen Euro. „Dieses Geld steckt man besser in die Erhaltung der Standorte, statt Tausende Arbeitsplätze zu vernichten“, sagte Peukes, der als Leiter des Fachbereichs Einzelhandel bei der Gewerkschaft Ver.di die Arbeitnehmerseite im Karstadt-Kontrollgremium vertritt. Umfangreiche Filialschließungen werde er deshalb nicht akzeptieren. „Wehrlos werden weder Ver.di noch der Betriebsrat einen Kahlschlag hinnehmen.“

Erst Ende August hatte Karstadt eingeräumt, dass eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen nach anhaltenden Verlusten erst in einigen Jahren realistisch sein könnte. Der im April verfasste Jahresabschluss spiegelt allerdings noch die Planungen der inzwischen ausgeschiedenen Karstadt-Chefin Eva-Lotta Sjöstedt wider.

Ver.di erteilte einer „Politik der reinen Kostensenkung“ bereits vor der Sitzung eine Absage. „Karstadt wird eine Zukunft haben, wenn in die Warenhäuser ausreichend investiert und ein schlüssiges Konzept vorgelegt wird, das auch regionale Besonderheiten beachtet“, sagte Ver.di-Sprecherin Eva Völpel.