DAS PRINZIP AUSLESE
: Diskriminierung per Lehrplan

Wissen Sie, in welchem Tempo heutzutage Deutsch unterrichtet wird, sagen wir: in der 5. Klasse eines Hamburger Gymnasiums? Mitunter kommen da alle lateinischen Grammatikbegriffe in nur drei oder vier Wochen dran. Kinder, die nicht zu Hause mit ihren Eltern nacharbeiten können, haben da eigentlich keine Chance, zu begreifen. Wie ein Schüttelrost lässt die Schule all jene durchs Raster fallen, die keine zusätzliche, private Unterstützung haben.

KOMMENTAR VON KAIJA KUTTER

Natürlich hat der Türkische Elternbund Recht mit seiner Kritik: Es reicht nicht, Fünfjährigen in der Vorschule ein wenig deutsche Sprachförderung angedeihen zu lassen, wenn die ganze Schullaufbahn hindurch immer auch Fachbegriffe in Deutscher Sprache Voraussetzung für den Schulerfolg sind. In Hamburg hat deshalb sogar die Uni ein Nachhilfeprojekt für 200 ältere Migrantenschüler ins Leben gerufen – viel zu wenig.

Ein grundlegendes Umdenken ist nötig. Es müsste allen Akteuren bewusst sein, dass es gut für die ganze Gesellschaft ist, wenn alle Kinder ihre Bildungspotenziale entfalten. Stattdessen setzt sich das Prinzip Auslese über die Haupt- und Realschule fort bis zur Sonderschule. Den Lehrenden suggeriert es, ihre vornehmste Aufgabe sei, herauszufinden, welches Kind an ihrer Schule nichts zu suchen hat. Damit muss Schluss sein.