Ostermarsch in Wechseljahren

Der Berliner Ostermarsch wird in diesem Jahr 40. Grund zu feiern gibt es für die Friedensaktivisten allerdings nicht. Dazu kommen zu wenige. Und friedlicher ist die Welt auch nicht geworden

von FELIX LEE

Laura von Wimmersperg ist ein Urgestein der Berliner Friedensbewegung. Es können 10.000 TeilnehmerInnen beim Ostermarsch sein wie während des Kosovo-Krieges 1999 – und sie ist ganz vorne dabei. Es können aber auch nur wenige hundert kommen wie in den vergangenen zwei Jahren – Laura von Wimmersperg gibt nicht auf. In diesem Jahr wird der Ostermarsch in Berlin 40. Ein Grund zum feiern ist das für die 72-Jährige nicht.

„Unsere Hauptforderung, die Atomwaffen abzuschaffen, sind nach wie vor nicht erfüllt“, sagt von Wimmersperg. Im Gegenteil: Die Gefahr sei noch viel größer geworden als 1967. Damals, auf dem Höhepunkt der Proteste gegen den Vietnamkrieg, gingen zehntausende Westberliner Friedensaktivisten auf die Straße. Heute folgen meist viel weniger Menschen den Demonstrationsaufrufen. Auch in diesem Jahr erwarten die Aktivsten nur eine geringe Beteiligung. Angemeldet seien 10.000 Teilnehmer, sagt von Wimmersperg. Aber sie rechne nicht mit so vielen. „Wir sind froh, wenn wir 2.000 auf die Straße bekommen.“

Der erste Berliner Ostermarsch hat zwar 1967 stattgefunden, trotzdem jährt er sich nicht zum 40. Mal. Denn unter dem Eindruck der Notstandsgesetzgebung und interner Streitereien kam die Friedensbewegung in den Siebzigerjahren so gut wie zum Erliegen. Schon 1968 war der Ostermarsch überschattet vom Anschlag auf den Studentenführer Rudi Dutschke.

Erst Anfang der Achtzigerjahre kam mit dem Nato-Doppelbeschluss zur Stationierung von Atomwaffen und Pershing-Raketen auf dem Gebiet der damaligen Bundesrepublik wieder Leben in die Bewegung. 1982 wurde in Westberlin zu Ostern erneut demonstriert, die Zahl der TeilnehmerInnen wuchs in den folgenden Jahren auf mehrere zehntausend an. Das Interesse nahm erst mit dem Ende des Kalten Kriegs wieder ab.

Seitdem erleben die Ostermärsche in Berlin immer dann eine Renaissance, wenn es einen Anlass dafür gibt. Während des Golfkriegs oder der Bombardierung des Kosovo schoss die Zahl der Ostermarschierer nach oben. Seit etwa zwei Jahren dümpeln die Demonstrationen wieder vor sich hin. „Wir können damit leben, dass wir derzeit nicht so groß sind“, sagt die Friedensaktivistin.

Doch von Wimmersperg muss dieses Jahr einen besonderen Dämpfer wegstecken: Anders als sonst weigerte sich der Linkspartei-Landesverband, zum Marsch aufzurufen. Inhaltliche Gründe gibt es nicht, versichert Linkspartei-Sprecher Thomas Barthel. Aber die Friedensdemonstration in Berlin habe derzeit „keine Relevanz“. Der Landesvorstand habe stattdessen zum Ostermarsch gegen den geplanten Truppenübungsplatz in der Ruppiner Heide aufgerufen. Von Wimmersperg bezeichnet das als „politisch dumm“. Nichts hindere die Linkspartei, zu beiden Demonstrationen zu mobilisieren.

Von Wimmersperg macht weiter, auch ohne die Unterstützung der Partei. In anderen Städten würden schließlich auch Ostermärsche stattfinden. „Da muss in der Hauptstadt doch zumindest Präsenz gezeigt werden.“

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