DER AKTUELLE PLAN ZUR BAHN-PRIVATISIERUNG GEHÖRT IN DEN PAPIERKORB
: Ein guter Börsengang ist möglich

Der Bahnchef hat Recht: In diesem Jahr muss eine grundsätzliche Entscheidung über den Börsengang der Deutschen Bahn getroffen werden. Der Gesetzentwurf über die Privatisierung liegt auf dem Tisch, das Parlament muss ihn in den kommenden Monaten bewerten. Für die Privatisierungsgegner ist das die letzte Chance, die Bahn vollständig im Bundesbesitz zu halten. Zur Eile drängen dagegen die Anhänger von Mehdorns Vision eines weltumspannenden Logistikkonzerns, der den größten Teil seines Geldes nicht mehr mit der Eisenbahn verdient: Sehnsüchtig warten sie auf die Finanzspritze privater Investoren.

Der vorliegende Gesetzentwurf dient eindeutig den Interessen der zweiten Gruppe. Er ist attraktiv für private Investoren, weil der Bahn-Konzern weiterhin die Kontrolle über das aus Steuermitteln finanzierte Schienennetz behalten soll und es zum eigenen Vorteil nutzen kann. Gleichzeitig zahlt der Staat jedes Jahr Milliarden für Reparaturen und erneut Milliarden, wenn er das Netz zurückhaben will. Ein Börsengang auf dieser Grundlage wäre die schlechtestmögliche Variante.

Doch deshalb muss nicht gleich die ganze Privatisierung gekippt werden. Das Geld von privaten Investoren kann auch genutzt werden, um das Bahnangebot attraktiver zu machen. Dazu muss das Schienennetz aber tatsächlich und nicht nur pro forma in öffentlicher Hand bleiben. Dann könnten endlich die Bahnunternehmen das beste Geschäft machen, die sich am Kundenbedürfnis ausrichten und möglichst viele Reisende in ihre Züge bringen. Weil jedes Bahnunternehmen für die Nutzung des Netzes eine Gebühr bezahlen müsste, hätte der Staat langfristig Einnahmen, die er in das Netz reinvestieren könnte. Der Steuerzahler wäre entlastet und könnte trotzdem ein vielfältiges Bahnangebot nutzen.

Es wäre unsinnig und ein Zeichen mangelnder politischer Verlässlichkeit, nach vielen Jahren, in denen die Deutsche Bahn kapitalmarktfähig gemacht wurde, nicht die Chancen zu nutzen, die ein Börsengang mit sich bringen kann. Es kommt aber darauf an, wie man ihn gestaltet. STEPHAN KOSCH