Berliner Schüler stirbt nach Alkoholexzess

Nach dem Tod des Schülers, der nach einer Sauforgie im Koma lag, mahnen Expertinnen mehr Wachsamkeit an

BERLIN taz ■ Der Berliner Schüler, der nach einem Alkoholexzess im Koma lag, ist tot. Der 16-Jährige starb nach Angaben der Berliner Klinik Charité in der Nacht zum Donnerstag an Kreislaufversagen. Ende Februar war der Junge mit 4,8 Promille im Blut eingeliefert worden, die er sich mit Tequila angetrunken haben soll. Der Fall hat eine Debatte darüber ausgelöst, wie Teenager besser vor Saufexzessen bewahrt werden können.

Mit einer Obduktion will die Polizei nun klären, woran genau der Gymnasiast starb. Zudem überprüft sie, ob sich Wirt oder Lokalgäste schuldig gemacht haben, weil sie den Jungen nicht vom Trinken abhielten. Die Heilungschancen des Teenagers waren von Anfang an gering: 3,5 Promille gelten als die Obergrenze dessen, was ein Mensch gewöhnlich überleben kann. Nur ausnahmsweise – etwa wenn der Körper seit langem an große Alkoholmengen gewöhnt ist – übersteht er einen noch höheren Pegel. So geht es einem 15-jähriges Mädchen, das am Sonntag in Berlin mit 4,1 Promille ins Krankenhaus gebracht wurde, inzwischen besser.

Der Tod des Jungen überschattet nun eine Diskussion, die von Fachleuten an sich als positiv eingestuft wird: Die Debatte über die Frage, ob nicht Alkohol, der Deutschen liebste Partydroge, nach wie vor verharmlost wird. „Zumindest sind jetzt die Verantwortlichen stärker sensibilisiert“, sagt Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der taz. „Das Problem ist ja nicht, dass die bestehenden Gesetze nicht ausreichen würden. Aber sie werden nicht konsequent umgesetzt.“ Oft wüssten Erwachsene gar nicht, wie viel Schaden Alkohol in einem jungen Körper anrichten kann. „Eltern müssen sich stärker ihrer Vorbildfunktion bewusst werden – und Gastwirte ihrer Verantwortung.“ Nach geltendem Recht darf ein Wirt einem 16-Jährigen zwar Bier und Wein ausschenken, aber keine branntweinhaltigen Spirituosen. Ebenso wenig darf er einem offensichtlich Betrunkenen das Glas nachfüllen. Dem vieldiskutierten „Flatrate-Trinken“, dem hemmungslosen Besäufnis zum Pauschalpreis, sind also enge rechtliche Grenzen gesetzt. „Aber Verbote werden eben nur eingehalten, wenn die Menschen sie auch einsehen. Und deshalb ist die aktuelle Diskussion wichtig“, sagt Pott.

Allein der Tod eines Gleichaltrigen wird Jugendliche nicht vom Trinken abhalten, meint Kerstin Jüngling von der Fachstelle für Suchtprävention in Berlin: „Teenager halten das für einen schlimmen Einzelfall, der mit ihrem Leben nichts zu tun hat.“ Sie plädiert für eine breite Debatte: „Wir müssen viel offener über das Thema reden. Hier in Berlin trinken Kinder oft schon mit elf Jahren das erste Mal. Da nützt es nichts, wenn man das mit 15-Jährigen mal in der Schule bespricht.“

Zwar trinken Jugendliche in Deutschland insgesamt weniger als früher. Dieser Trend, den eine Studie der BZgA schon 2005 belegte, wird durch neuere Zahlen bestätigt. Allerdings gibt es nach wie vor eine Gruppe von Jugendlichen, die exzessiv säuft. Dass dies durch strengere Vorschriften einzudämmen ist, bezweifelt nicht nur Pott. Auch Sabine Bätzing (SPD), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, wies gestern erneut die Forderung nach schärferen Gesetzen zurück.

COSIMA SCHMITT